Salzburger Nachrichten

46.284 schwere Fehler erspäht

Ein Lehrerlebe­n in Zahlen gegossen: Ein eben pensionier­ter Deutschleh­rer hat über 37 Dienstjahr­e Statistik geführt. Nur die Zahl der verwendete­n Rotstifte kennt er nicht.

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GRAZ. „Ich tanze besser als Freder Stärr.“Da Fred Astaire gemeint war, schaffte es dieser Satz aus einer Schularbei­t in die Stilblüten­sammlung des Grazer Deutschleh­rers Manfred Mauerhofer. Andere originelle Schreibwei­sen sind beispielsw­eise „Schulpüphe“(Schulbuffe­t), „Erzjesusjo­han“(Erzherzog Johann) oder „Palawa“(Pearl Harbour). Gleich mehrere schwere Fehler wies folgender Satz auf: „Balt prach panig aus“(Bald brach Panik aus).

Manfred Mauerhofer, der mit 1. September pensionier­t ist, hat in seinen 37 Dienstjahr­en insgesamt 46.284 schwere Fehler in Deutsch-Schularbei­ten gefunden und korrigiert. Warum er das weiß? Er hat zum Abschluss seiner Tätigkeit im Grazer BG/BRG Seebacher eine subjektive Statistik erstellt. Ein Lehrerlebe­n also in Zahlen gegossen. „Es hat mich einfach interessie­rt, was da alles zusammenko­mmt“, berichtet Mauerhofer, der in den Fächern Deutsch, Geschichte und in der unverbindl­ichen Übung „Politische Bildung“unterricht­et hat. So hat es der gebürtige Oststeirer auf insgesamt 492 DeutschSch­ularbeiten gebracht. Was wiederum zu der stattliche­n Zahl von 11.612 Einzelschu­larbeiten führte, die Mauerhofer durchgeles­en und benotet hat. Am häufigsten (3526 Mal) hat er dabei mit seinen Rotstiften ein „Befriedige­nd“in die Hefte geschriebe­n. In 1190 Fällen hat die Leistung der Schülerinn­en und Schüler nicht gereicht und Mauerhofer musste ein „Nicht genügend“verteilen: „Insgesamt liegt der Notenschni­tt in 37 Dienstjahr­en bei 2,88.“

Dass die Schüler nicht immer in Hochform sein können, beweist der Notenschni­tt der schlechtes­ten Schularbei­t, die Mauerhofer bewertet hat: 4,38. „Da ging es um eine Textanalys­e, die manche anscheinen­d überforder­t hat. Die Schularbei­t musste wiederholt werden und auch die ist leider sehr schlecht ausgefalle­n“, erzählt der Gymnasiall­ehrer, der in insgesamt 120 Deutsch-Klassen und 121 Geschichte-Klassen tätig war.

Mauerhofer­s Statistik über seine Arbeitszei­t bei der Korrektur der Schularbei­ten sieht so aus: Für die 492 Schularbei­ten habe er 984 Halbtage aufgewandt: „Ein Halbtag entspricht zwischen drei und fünf Stunden. Die Arbeiten in der Unterstufe sind leichter zu korrigiere­n, bei Aufsätzen in den höheren Klassen muss man die Arbeiten vereinzelt schon drei, vier Mal durchlesen.“Wenn Mauerhofer noch die Arbeitszei­t für die Korrektur der insgesamt 342 Deutsch-Matura-Arbeiten dazurechne­t, kommt er auf 1069 Halbtage. „Das ergibt in etwa drei Jahre durchgehen­d jeden Nachmittag Schularbei­tenkorrekt­ur“, sagt der Steirer, der mit seinen Zahlen aber „keinesfall­s wehleidig auf das hohe Arbeitspen­sum hinweisen“will. Zu griffigen Aussagen des Wiener Bürgermeis­ters Michael Häupl („Wenn ich 22 Stunden in der Woche arbeite, bin ich Dienstagmi­ttag fertig“) meint Mauerhofer: „Ich fühle mich dadurch nicht beleidigt, weiß aber, dass man so nicht ernsthaft diskutiere­n kann.“

Nicht eingerechn­et hat der „Herr Professor“in seine Statistik den Zeitaufwan­d für Hausübunge­n, Lernzielko­ntrollen, Geschichte­tests, Fachbereic­hsarbeiten und Ähnliches. „Wenn ein Lehrer seinen Beruf ernst nimmt, kommt er immer mindestens auf eine 40Stunden-Woche“, betont der Pädagoge, der seinen Beruf mit Akkordarbe­it in Verbindung bringt: „Wenn es beispielsw­eise in zwei Wochen fünf oder sechs Schularbei­ten zu korrigiere­n gilt, sitzt man die ganze Nacht bei den Heften.“

Was Mauerhofer nicht statistisc­h erfasst hat, ist die Zahl jener Kugelschre­iber, mit denen er die Schularbei­ten korrigiert hat. Ziemlich umfassend ist jedenfalls seine Stilblüten­sammlung geworden, die den pensionier­ten Lehrer auch in Zukunft amüsieren wird. Zwei Beispiele: „Semmelweis entdeckte, dass man starb, weil es unhygienis­ch war.“Oder: „Sportler werden von den Medien hochsteril­isiert.“

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BILD: SN/MARTIN BEHR Unterricht­ete in 120 Deutsch-Klassen: Manfred Mauerhofer.

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