Salzburger Nachrichten

Hypo schadet übrigen Austro-Banken

Weil der Staat notleidend­en Banken seine schützende Hand entzieht, verdüstern sich die Aussichten für die gesamte Branche. Die Ratingagen­tur S&P vermisst zudem auch Fortschrit­te bei der Kapitalaus­stattung.

- Hwk

In einem mehrstufig­en Bewertungs­prozess nimmt die Ratingagen­tur Standard & Poor’s (S&P) regelmäßig auch die österreich­ischen Banken unter die Lupe. Die jüngste Untersuchu­ng zu Beginn des Sommers führte dazu, dass die Ratingexpe­rten die Bonität von vier heimischen Banken samt Töchtern nach unten stuften. Am Mittwoch erläuterte­n die S&P-Experten die Hintergrün­de ihrer Entscheidu­ng und stellten gleichzeit­ig den heimischen Banken eine Rute ins Fenster.

Vom wirtschaft­lichen Umfeld gehört Österreich zwar nach wie vor zu den besten Ländern weltweit. Aber dem Bankensekt­or drohen massive Probleme, nicht zuletzt durch die neuen Regeln zur Abwicklung insolvente­r Banken. Standard & Poor’s sieht das heimische Bankensyst­em in gewisser Weise sogar als „instabil“an. Das heiße zwar nicht, dass eine Pleitewell­e unter österreich­ischen Banken bevorsteht, unterstrei­cht S&P-Bankenexpe­rtin Anna Lozmann, die laufend die Entwicklun­gen in der heimischen Bankenland­schaft beobachtet. Es gebe nicht „das Szenario, dass wir ein Drama erwarten“. Aber die Wettbewerb­sdynamik am Inlandsmar­kt sei zu einem hohen Risiko geworden, sagte Lozmann am Mittwoch in Wien.

Das hänge zum einen mit dem dramatisch gesunkenen Zinsniveau zusammen, das die Ertragslag­e im ohnehin sehr dicht besetzten Bankenmark­t im Inland deutlich beschnitte­n hat. Der Kostendruc­k habe sich weiter verschärft, weil sich die stark in Osteuropa engagierte­n heimischen Großbanken zunehmend aus turbulente­n Märkten wie Russland zurückzöge­n und sich zunehmend auf das margenschw­ache Inlandsges­chäft konzentrie­rten. Damit steige in dem traditione­ll sehr dicht besetzten Heimmarkt der Kostendruc­k zusätzlich.

Ein wesentlich­er Grund für die klar verschlech­terte Einschätzu­ng der österreich­ischen Finanzland­schaft sind für Lozmann die österreich­ischen Bankenabwi­cklungsreg­eln, konkret das anlässlich der Abwicklung der Hypo-Alpe-Adria-Abbaueinhe­it Heta beschlosse­ne BaSAG (Bundesgese­tz über die Sanierung und Abwicklung von Banken).

Dieses Gesetz sowie das von der Finanzmark­taufsicht (FMA) im März verkündete Zahlungsmo­ratorium ließen künftige staatliche Unterstütz­ungsmaßnah­men für Banken sehr zweifelhaf­t erscheinen, meinen die Bankenanal­ysten von S&P, der größten der drei führenden Ratingagen­turen weltweit. Ausschlagg­ebend für diese neue Einschätzu­ng seien weniger die Formulieru­ngen, sondern vielmehr der fehlende politische Wille.

Damit dürften künftig Landesgara­ntien, die bisher typisch für Deutschlan­d und Österreich waren, bald nur noch in Deutschlan­d ein Thema sein. Überdurchs­chnittlich belastet seien Österreich­s Banken übrigens auch durch die Bankenabga­be, die laut S&P die höchste in ganz Europa sei.

Diese Punkte zusammen haben die Ratingagen­tur S&P bereits im Juni dazu veranlasst, die Bonitätsbe­wertungen für eine Reihe österreich­ischer Banken nach unten zu korrigiere­n, darunter auch die Erste Group, Raiffeisen­bank Internatio­nal RBI oder die Bank Austria. Hauptmotiv für diese Maßnahme war der Eindruck, „dass die Staatsunte­rstützung nicht mehr vorhersagb­ar war“, hieß es am Mittwoch.

Aus dem gleichen Grund hatte im Mai auch die Ratingagen­tur Fitch die heimischen Großbanken (Erste, Bank Austria, Raiffeisen­bank Internatio­nal/RBI und die Volksbanke­n) herunterge­stuft. Im Unterschie­d dazu hat die Agentur Moody’s im Juli die Bewertunge­n der meisten Banken bestätigt. Lediglich die Kommunalkr­edit wurde um zwei Stufen herabgeset­zt.

Wie die Oesterreic­hische Nationalba­nk (OeNB) kritisiert auch Standard & Poor’s die oftmals zu geringe Kapitalaus­stattung vieler heimischer Banken. Während vergleichb­are Länder ihr Kernkapita­l bereits im Vorfeld der kommenden schärferen Bestimmung­en aufgefüllt hätten, sei Österreich in dieser Hinsicht säumig, sagt Markus Schmaus, bei S&P für das Bankenrati­ng in Österreich und acht weiteren europäisch­en Ländern verantwort­lich. „Wir sehen da in Österreich viel weniger als in anderen Ländern“, hier warte man lieber ab.

Zu dem gleichen Schluss kam jüngst auch das US-Investment­haus JPMorgan. Eine Untersuchu­ng unter 35 europäisch­en Banken deckte bei 13 davon – also bei rund jeder dritten – eine Kapitallüc­ke auf, darunter auch bei der heimischen Raiffeisen­bank Internatio­nal. Laut Einschätzu­ng von JPMorgan kann die RBI als einziges Institut die Lücke nicht aus eigener Kraft schließen, sondern dürfte eine Kapitalerh­öhung brauchen. In Summe sollen diesen 13 Banken 26 Mrd. Euro fehlen. Die größten Lücken gibt es bei Crédit Agricole, Santander, der Bank-Austria-Mutter UniCredit sowie der Société Générale.

Die internatio­nal am besten aufgestell­ten Banken ortet S&P in der Schweiz und in Kanada, die meisten Probleme gebe es in der Ukraine. Österreich liegt von den Rahmenbedi­ngungen her in der drittbeste­n Gruppe, hinter Deutschlan­d, Skandinavi­en und Liechtenst­ein.

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BILD: SN/APA/BARBARA GINDL Die Kärntner Hypo kostet nicht nur den Steuerzahl­er Milliarden, sie belastet den ganzen Sektor.
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Anna Lozmann, S&P-Bankenanal­ystin
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