Salzburger Nachrichten

Betriebe schätzen ihre Chancen realistisc­h ein

Unternehme­n, die im Iran erfolgreic­h sein wollen, müssen einen langen Atem haben, sagen jene, die schon Erfahrunge­n haben.

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Franz Blum war als Student oft im Nahen Osten. Damals verdiente der Chef der Salzburger Vega Internatio­nal Car Geld, indem er Lastautos oder Betonmisch­er nach Amman, Bagdad oder nach Teheran brachte. Vor 25 Jahren machte er aus der Nebenbesch­äftigung ein Unternehme­n mit mittlerwei­le fast 100 Mill. Euro Umsatz und 1000 Mitarbeite­rn. Heute liefert er über die türkische Tochter an zwei Großkunden im Iran Nutzfahrze­uge. Gut ein Viertel des Umsatzes stammt aus der Türkei und dem Orient. „Es sind wahnsinnig treue Kunden“, sagt Blum, einer der 230 österreich­ischen Unternehme­r, die mit Bundespräs­ident Heinz Fischer in den Iran gereist sind. Blum warnt vor zu viel Euphorie: „Da kann noch so viel Optimismus verbreitet werden, die Realität sieht anders aus.“Investitio­nen im Iran rechneten sich nur langfristi­g. Viele der gut ausgebilde­ten Jungen hätten das Land verlassen oder seien im Begriff es zu tun, weil sie von der Misswirtsc­haft der Mullahs und der Selbstbere­icherung regimenahe­r Gruppen die Nase voll hätten. Im Gepäck hat Blum „innovative Bahnproduk­te“, die er dem Iran, wo 97 Prozent der Güter auf der Straße transporti­ert werden, schmackhaf­t machen will.

Auch für viele andere mitgereist­e Manager ist der Iran kein Neuland. Sieht man von Konzernen wie Andritz oder OMV und Vertretern der großen Banken ab, sind die meisten Vertreter typischer Klein- und Mittelbetr­iebe, die in ihrer Nische internatio­nal erfolgreic­h sind. Der österreich­ische Spezialist für Flugsicher­ung, Frequentis, hat seine Aktivitäte­n während der Sanktionen gekappt, um sein US-Engagement nicht zu gefährden, erzählt der zuständige Manager Saadan Ansari. Jetzt hofft man auf neue Aufträge, doch Ansari, der selbst persische Monika Graf berichtet für die SN aus Teheran Wurzeln hat, dämpft den Optimismus. Die budgetäre Situation vieler Ministerie­n sei schwierig und die Devisenres­erven kleiner als erwartet, sagt er. „Hier gibt es keine Sahne, die man abschöpfen kann.“

Die Tiroler Lichtdesig­n-Firma Bartenbach steht kurz vor der Eröffnung einer Niederlass­ung in Teheran. Das Planungs- und Entwicklun­gsbüro mit acht Mill. Euro Umsatz hat sich mit der Beleuchtun­g der Uhr des berühmten Clocktower und der großen Moschee in Mekka internatio­nales Renommee erworben. Die Aufträge im Iran umfassen die Hauptmosch­ee, ein Hotel, ein Bürogebäud­e und ein Veranstalt­ungszentru­m in Teheran, sagt Designchef Christoph Gapp.

Betriebe sollten den Sympathieb­onus Österreich­s für sich nützen, sagt WKÖ-Präsident Christoph Leitl. Er räumt ein, dass der blockierte oder erschwerte Zahlungsve­rkehr die Situation verschlech­tere. Im ersten Halbjahr stiegen Österreich­s Exporte in den Iran um 31,3 Prozent auf 136 Mill. Euro, für 2015 erwartet man 280 bis 300 Mill. Euro. Neben Waren könne man mit Services, Know-how und der Kompetenz im Tourismus punkten, sagt Leitl, der fest an die Chancen im Iran glaubt. „Man kann diskutiere­n, ob die Übergangsz­eit ein halbes, ein oder zwei Jahre dauert, aber der Aufholproz­ess wird stattfinde­n.“

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BILD: SN/APA/ROLAND SCHLAGER Wirtschaft­sminister Reinhold Mitterlehn­er sieht die Politik als Türöffner für die Betriebe.
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