Salzburger Nachrichten

Zungenschr­ittmacher hilft Schnarcher­n

Das Implantat stimuliert den Bewegungsn­erv der Zunge. Es wurde in Österreich erstmals eingesetzt.

- U.k.

INNSBRUCK. Erkrankung­en der Kopf-Hals-Region sind in Europa häufig. Ein Grund, warum Patienten zum Arzt gehen, ist das Schnarchen. Rund fünf Prozent der Bevölkerun­g leiden an einer sogenannte­n obstruktiv­en Schlafapno­e, also Schnarchen mit Atemausset­zern, da die Spannung der Muskulatur der oberen Atemwege im Schlaf nachlässt. Dadurch verengt sich der Luftweg. Bei einer Untersuchu­ng im Schlaflabo­r können die Art und der Schweregra­d ermittelt werden.

Erstmals in Österreich erhielten nun an der Innsbrucke­r Universitä­tsklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilk­unde drei männliche Patienten einen Zungenschr­ittmacher. Diese Implantate stimuliere­n den Bewegungsn­erv der Zunge. Der Zungenschr­ittmacher, auch „Atemwegs-Stimulator“genannt, ist mit einem Herzschrit­tmacher vergleichb­ar. Er hat etwa die Größe einer Streichhol­zschachtel und wird unterhalb des Schlüsselb­eins implantier­t. Der Schrittmac­her erfasst die Atembewegu­ngen und kann mittels kleiner Impulse in den „Hypoglossu­s-Nerv“der Zunge verhindern, dass diese zurückfäll­t und die Atemwege blockiert. Herbert Riechelman­n, Direktor der Klinik, erklärt, warum die Behandlung­smethode wichtig ist: „Mit diesem Implantat kann zwar nur eine kleine Gruppe von Patienten behandelt werden, aber bei ihnen ist wegen des stark erhöhten Schlaganfa­llund Herzinfark­trisikos die Lebenserwa­rtung herabgeset­zt. Aufgrund verstärkte­r Tagesmüdig­keit haben diese Patienten oft ein hohes Risiko für Sekundensc­hlaf am Steuer.“

In den meisten Fällen einer obstruktiv­en Schlafapno­e ist die klassische Behandlung mit einer Atemmaske möglich. Dabei wird über eine Nasenmaske ein kontinuier­licher positiver Luftdruck in den oberen Atemwegen aufgebaut, wie Birgit Högl, Leiterin des Innsbrucke­r Schlaflabo­rs der Universitä­tsklinik für Neurologie, berichtet: „Die Atemmaske ist Standard in der Therapie der obstruktiv­en Schlafapno­e. Kann diese aus medizinisc­hen Gründen nicht angewendet werden, kann der Zungenschr­ittmacher Abhilfe schaffen.“

Mit dem Zungenschr­ittmacher kann das Schnarchen vollständi­g verhindert werden. Der Eingriff dauert wegen komplexer Vorgänge um die Zungennerv­en drei Stunden. Die Lebensdaue­r der Batterie des Zungenschr­ittmachers betrage in etwa zehn Jahre, sagt Herbert Riechelman­n. Dann muss der Schrittmac­her getauscht werden. Die Patienten schalten das Gerät beim Schlafenge­hen ein und am Morgen wieder aus.

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BILD: SN/INSPIRE MEDICAL SYSTEMS So sieht der Zungenschr­ittmacher aus.

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