So glänzt Österreich auch bei der EURO
Nach dem Triumph von Stockholm: Sechs Gründe, warum das ÖFB-Team 2016 in Frankreich eine gute Figur machen wird.
STOCKHOLM. Sie tanzten ausgelassen auf dem Rasen der „Friends Arena“von Stockholm, warfen ihren Teamchef Marcel Koller meterhoch in die Luft und sangen dann noch mit den mitgereisten Fans, während sich der Rest des Stadions rasch geleert hatte: Die Fußballer der österreichischen Nationalmannschaft haben mit dem 4:1-Sieg gegen Schweden Historisches geschafft. 18 Jahre nach Andi Herzog, Toni Polster und Co. gelang wieder einem ÖFB-Team eine erfolgreiche Qualifikation. So wie damals vor der WM 1998 heißt die Parole wieder „Frankreich, wir kommen!“. Die Kampfansage für eine erfolgreiche EM-Endrunde ist diesmal aber auf einem festeren Fundament verankert als damals. Die Gründe dafür: Erfolgshunger bleibt. Noch sind zwei Pflichtaufgaben in der Qualifikation zu erledigen. Auch nach bisher sieben Siegen und einem Remis wollen aber alle Teamspieler unbedingt ungeschlagen bleiben und in Montenegro (9. Oktober) und daheim gegen Liechtenstein (12. Oktober) gewinnen. Mit gutem Grund, wie der Doppeltorschütze von Stockholm, Martin Harnik, erklärte: „Wir werden alles dafür tun, um in einen guten Lostopf zu kommen. Jeder Rückschlag, der zu vermeiden ist, muss vermieden werden.“Bei der Endrunde kann Österreich mit einer Reihung in die Gruppe der zweitbesten Nationen rechnen. Teamgeist. Der Nebeneffekt von Marcel Kollers Festhalten an einem fixen Stamm von Spielern: Das ÖFBTeam ist ein verschworener Haufen geworden, in dem noch der letzte Reservist gleich viel gilt wie ein Superstar. Sagten früher manche Nationalteamkandidaten leichten Herzens eine Einberufung wegen kleiner Wehwehchen ab, so freut sich inzwischen jeder auf die Zusammenkunft. Der Teamchef selbst spricht von einer „Wohlfühloase“, Marko Arnautovic bringt es so auf den Punkt: „Wir sind eine Familie.“ Eigenverantwortlichkeit. Pech für die Komiker- und Parodistenbranche: Das Bild vom einfach gestrickten Fußballer mit sprachlichen Defiziten ist passé. Die Generation 2015 im Nationalteam denkt und agiert überlegt, strukturiert und professionell. Auf dem Platz fordert Marcel Koller von den Spielern, die Taktik falls notwendig in Eigenregie an veränderte Gegebenheiten anzupassen. So wurde beim Sieg in Stockholm der anfänglichen Drangphase der Schweden durch Höherstellen der Abwehr entgegengewirkt.
Der Horizont der Kicker endet zudem nicht am Spielfeldrand, wie das Eintreten für Flüchtlinge vor dem Moldawien-Spiel gezeigt hat. Weiterentwicklung. Nahezu dieselbe Mannschaft, die vor zwei Jahren an gleicher Stelle eine 1:0-Führung nicht über die Zeit gebracht hatte, machte diesmal alles besser. Der Wille, sich ständig zu verbessern, kennzeichnet diese Elf. Niemand im österreichischen Team sieht sich als „fertigen“Fußballer. So beschäftigt sich beispielsweise Aleksandar Dragovic seit Kurzem intensiv mit Ernährung und nimmt dabei Tipps von Skisprungstar Gregor Schlierenzauer an.
„Wir sind eine Familie.“
Demut. Obwohl nicht mehr viel fehlte zur erfolgreichen Qualifikation, betonten die Spieler immer wieder: „Noch sind wir nicht in Frankreich.“Mit großen Tönen hielten sich alle zurück, solange das EMTicket nicht in trockenen Tüchern war. Selbst ausgelassene Feiern blieben noch aus, zumal ein Großteil der Mannschaft von Stockholm aus die Rückreise antrat. Nur sieben Spieler flogen mit dem Trainerteam noch in der Nacht nach Wien. Schon auf dem Weg aus der Kabine waren die Gedanken der meisten bei ihren Clubs: „Wir haben ja alle am Samstag schon wieder schwere Spiele“, sagte Zlatko Junuzovic. Selbstvertrauen. Während alle Welt sich zu fragen schien, ob Schwedens Superstar Zlatan Ibrahimovic gegen Österreich spielen würde, blieben die Spieler selbst gelassen: „An unserer Spielanlage ändert sich nichts, egal ob er dabei ist oder nicht“, hatte Sebastian Prödl erklärt. Angst vor großen Namen hat niemand mehr im ÖFB-Team. Zlatan der Große, der noch vor zwei Jahren die Österreicher im Alleingang besiegt hatte, gab neidlos zu: „Sie waren heute das bessere Team.“