„Ich bin ein Kind von Rapid“
Zoran Barisic hat die Enttäuschung über das unglückliche Aus in der Qualifikation zur Champions League verkraftet. Im SN-Interview verrät der Rapid-Trainer, wie er seine Zukunft sieht.
Gleich zum Auftakt der Gruppenphase der Europa League bekommt es Österreichs Vizemeister Rapid mit dem Gruppenfavoriten zu tun. Heute, Donnerstag, gastiert Villarreal im Wiener Ernst-Happel-Stadion. Wie stark die Spanier aufspielen können, das musste in der vergangenen Saison Red Bull Salzburg beim Aus im Sechzehntelfinale zur Kenntnis nehmen. Aber Rapid hat in dieser Saison in der Qualifikation zur Champions League schon gezeigt, dass die Hütteldorfer einem vermeintlich übermächtigen Gegner Paroli bieten können. Vor der Startpartie sprachen die „Salzburger Nachrichten“mit Rapid-Trainer Zoran Barisic. SN: Nach dem unglücklichen Aus in der letzten Runde der Qualifikation zur Champions League gegen Donezk, freuen Sie sich jetzt eigentlich auf die Europa League? Barisic: Selbstverständlich,
unser großes Ziel war das Erreichen einer Gruppenphase. Vergangenes Jahr hätten wir wahre Jubeltänze aufgeführt, wenn wir in der Europa League dabei gewesen wären. Natürlich war heuer aufgrund herausragender Leistungen die Königsklasse zum Greifen nahe, aber nachtrauern ist nicht mein Stil. Jetzt sind wir voll fokussiert und auch engagiert auf die neuen Herausforderungen, die mit Villarreal, Minsk und Pilsen warten. SN: Wie oft denken Sie noch an die letzten Spielminuten in Donezk, als Robert Beric eine Topchance vergab und Philipp Prosenik den Ball an die Stange knallte? Überhaupt nicht, das Spiel ist Vergangenheit. Die Mannschaft darf trotz des Ausscheidens sehr stolz auf diese Leistung sein, nichtsdestotrotz muss unser aller Blick immer nach vorn gerichtet bleiben. SN: Nach zwei Niederlagen in der Meisterschaft gegen Mat- tersburg und Altach, wie schaut die Arbeit des Trainers vor der Partie gegen Villarreal aus? Das Spiel gegen Villarreal wird heute ganz anders als jenes am Samstag in Altach. Natürlich haben wir auch die Niederlage aufgearbeitet und analysiert. Zuletzt galt aber das Hauptaugenmerk der Vorbereitung auf das Spiel gegen diese Klassemannschaft aus der international erfolgreichsten Liga Europas. SN: Ohne Torjäger Robert Beric, der nach dem Aus gegen Donezk zu St. Étienne wechselte, hat da Rapid überhaupt eine Chance, die Gruppenphase zu überstehen? Natürlich lebt die Chance. Wir haben ja auch schon ohne Robert Beric bewiesen, dass wir gut und erfolgreich Fußall spielen können. Robert war ein toller Spieler, es muss aber raus aus unseren Köpfen, dass er nicht mehr für Rapid spielt. Favorit bleibt Villarreal, aber um Platz zwei wollen und können wir mitspielen. SN: Rapid muss jetzt bis Ende Dezember als einziger österreichischer Club mit einer Doppelbelastung fertigwerden. Kann das den Titelkampf beeinflussen? Wir wollten diese Doppelbelastung und haben sie uns mit einem erfolgreichen Frühjahr und den Auftritten im Sommer international erarbeitet. Was gibt es Schöneres, als alle drei, vier Tage ein Match für Rapid bestreiten zu dürfen? Schade ist natürlich, dass wir der einzig verbliebene österreichische Vertreter im Europacup geblieben sind. Die Meisterschaft wird selten im Herbst entschieden und wir haben zudem eine sehr fitte Mannschaft und einen ausgeglichen starken Kader. SN: Sie feierten große Erfolge als Rapid-Spieler, jetzt arbeiten Sie erfolgreich als Trainer beim Rekordmeister. Wie groß ist eigentlich der Druck für einen Rapidler? In Österreich ist Rapid einfach der größte und populärste Verein, der aber auch am meisten polarisiert. Daher ist der Druck natürlich dementsprechend. Ich habe gelernt, damit umzugehen, und klar ist, dass man dem Druck auch gewachsen sein muss, wenn man erfolgreich arbeiten will. Und das will ich. SN: Wie frustrierend ist es für Sie als Trainer, wenn Jahr für Jahr die Topspieler verkauft werden müssen? Bis auf absolute Weltclubs wie Barcelona, Real, Bayern, Chelsea oder die beiden Teams aus Manchester teilen wir diese Tatsache mit allen Clubs auf der Welt. Ich sehe es als Auszeichnung unserer gemeinsamen Arbeit, wenn Spieler das Interesse im Ausland wecken. Zudem haben wir heuer unsere Mannschaft mit Ausnahme von Robert Beric halten können, obwohl es auch sehr konkrete und wirtschaftlich sicher verlockende Angebote für andere Spieler gab. SN: Unter Ihnen hat sich Rapid enorm weiterentwickelt. Haben Sie ein Vorbild als Trainer? Ja, nämlich jene Trainer, die länger erfolgreich bei großen Clubs tätig waren und diese geprägt haben. Sir Alex Ferguson bei Manchester United, Arsène Wenger bei Arsenal oder auch der aktuelle BayernCoach Pep Guardiola sind hier beispielgebend. SN: Würden Sie das Überwintern in der Europa League gegen einen Platz unter den ersten drei Teams in der Bundesliga nach der Herbstsaison tauschen? Ja, wenn der Rückstand auf die vorderen Plätze nicht zu groß ist, denn dann holen wir den im Frühjahr auf (lächelt). Ganz im Ernst: Unser tägliches Brot und damit der wichtigste Bewerb ist die Bundesliga, über die wir uns so wie über den ÖFB-Cup, der auch hohe Priorität hat, wieder international qualifizieren können. Das ist unser Mindestziel. SN: Ein Blick auf die Liga: Wie aussagekräftig ist die aktuelle Tabellensituation mit der Admira auf Platz eins und Salzburg nur auf Platz fünf? Vergangenes Jahr um diese Zeit waren wir nach acht Runden neun Punkte hinter Wolfsberg und sechs Punkte hinter Salzburg. Damals habe ich gesagt, dass die Meisterschaft noch sehr jung ist und noch sehr viel passieren kann und wird. Das gilt auch für diese Saison. SN: Wann kann Rapid wieder einmal Meister werden? Wir haben immer gesagt, dass wir eine Mannschaft entwickeln möchten, die mit dem Einzug in das neue Allianz Stadion, also ab der Saison 2016/17, ernsthaft um den Titel mitspielen wird. Das ist uns schon früher gelungen. Wenn wir weiter so kontinuierlich und gut arbeiten, werden wir es auch bald schaffen. SN: Welcher Trainerjob würde Sie, außer jener bei Rapid, besonders reizen? Im Fußball gibt es zahlreiche reizvolle Aufgaben für einen Trainer. Ich bin aber mit Leib und Seele hier Trainer, zudem ein Kind von Rapid. Es gibt noch viel zu tun, ich habe gemeinsam mit meinem Trainerteam noch viele Ziele, die wir mit dem SK Rapid Wien erreichen wollen.