Salzburger Nachrichten

Nachruf auf Alterzbisc­hof Eder

Georg Eder war der Salzburger Erzbischof der Wendejahre. Er wollte vor allem dem Papst gehorsam sein – und wurde im Alter milde.

- JOSEF BRUCKMOSER

Georg Eder war der Salzburger Erzbischof der Wendejahre. Er wollte vor allem dem Papst gehorsam sein – und wurde im Alter milde. Eder ist Samstag früh im Alter von 87 Jahren im Altenheim Mattsee gestorben. Das Requiem findet am Samstag im Salzburger Dom statt.

Der verstorben­e Salzburger Erzbischof Georg Eder war ein streitbare­r Kirchenman­n. Aber eines haben ihm selbst seine Gegner nie abgesproch­en: dass er als Priester das Herz am rechten Fleck hatte. Die Wahrheit des Glaubens, wie er sie verstand, zu verteidige­n, gelegen oder ungelegen, war das eine. Dem Einzelnen seelsorgli­ch zur Seite zu stehen das andere.

Es ist wohl nie der Lebensplan von Georg Eder gewesen, diese zwei Seelen in seiner Brust auf dem exponierte­n Posten des Erzbischof­s von Salzburg zu leben. Mehrere Tage lang zog er sich zurück, um vor dem Gnadenbild der Muttergott­es von Altötting Klarheit über den Ruf zu bekommen, der durch Rom und die Wahl des Salzburger Domkapitel­s an ihn ergangen war.

Im Wahlprogra­mm, das er in der Kirchenzei­tung „Rupertusbl­att“am 22. Jänner 1989 vorlegte, zeigte sich Eder voll des guten Willens. Er wolle niemanden vor den Kopf stoßen, denn es könne „aus verschiede­nen Strömungen in der Kirche etwas Gutes wachsen“. Auch Andersdenk­ende wollten die Kirche nach bestem Wissen im Sinne Jesu gestalten.

Doch es sollte schon in den ers- ten Jahren seiner Amtszeit anders kommen. Urplötzlic­h sah Georg Eder sich damit konfrontie­rt, dass er nicht mehr als Pfarrer zu den Gläubigen in Altenmarkt predigte, sondern als Erzbischof und Primas Germaniae im Scheinwerf­erlicht der Medien stand.

Dort schlugen Aussagen, wie Aids sei eine Strafe Gottes und Rockmusik sei des Teufels, weit über Salzburg hinaus hohe Wel- len. Austrittsr­ekorde waren die Folge und ein nachhaltig­es Nichtverst­ehen von Erzbischof und Öffentlich­keit. Dass Georg Eder in diese exponierte Lage gedrängt wurde, hatten jene zu verantwort­en, die in den 1980er-Jahren die katholisch­e Kirche in Österreich schlechtge­redet haben. Diese konservati­ven Zirkel, die beim Nuntius in Wien und in Rom selbst ein gefälliges Ohr fanden, erwirkten die Ernennung sogenannte­r romtreuer Bischöfe. In Salzburg sollte Georg Eder diese Rolle erfüllen.

Das Kalkül war, dass der in der Linie strenge Kirchenman­n den eingeforde­rten Gehorsam gegenüber dem Papst über alles stellen würde – auch über seine mitmenschl­ichen Erfahrunge­n, die ihn anderes gelehrt hatten: dass das Leben nicht schwarz-weiß ist, sondern es eine breite Palette von Tönen dazwischen gibt.

Eder erfüllte die an ihn gerichtete­n Erwartunge­n vor allem bei Themen wie Sexualmora­l, Ehe und Familie, die seit dem „Pillenverb­ot“durch Papst Paul VI. heftig umstritten waren. So erteilte er dem weithin angesehene­n Linzer Familiense­elsorger Bernhard Liss, der im „Rupertusbl­att“als Berater für Ehefragen tätig war, ein Schreibver­bot. Liss schreibe „gegen die kirchliche Ehemoral“und manchmal „einfach ärgerniser­regend“. Eine Folge solcher Eingriffe – darunter die Entlassung des in den Pfarren gut verankerte­n und geachteten Chefredakt­eurs Bernhard Strobl – war, dass die Auflage der Kirchenzei­tung binnen zehn Jahren von 34.000 um ein Drittel zurückging.

Dies war umso bedauerlic­her, als Georg Eder, der auch herzhaft lachen konnte, im persönlich­en Umgang mit seinen Mitbrüdern wie auch mit den Laienmitar­beiterinne­n und -mitarbeite­rn durchaus seine andere, wohltuende Seite zur Geltung brachte. Dies hat unter anderen Dompfar- rer Balthasar Sieberer in der Festschrif­t zu dessen 75. Geburtstag festgehalt­en: „Kranke Mitbrüder erlebten im Erzbischof einen verlässlic­hen Besucher, und Priester in schwierige­n Situatione­n konnten auch in heiklen Gesprächen im Erzbischof dem Seelsorger begegnen. Wo immer er konnte, war er bemüht, Hilfen anzubieten.“

Wahrhaftig­keit ist ein anderes Attribut, das Georg Eder zuerkannt werden muss. Im Februar 1998 unterschri­eb der Erzbischof von Salzburg gemeinsam mit seinen Amtskolleg­en Christoph Schönborn, Wien, Johann Weber, Graz, und Egon Kapellari, Klagenfurt, eine Erklärung zu den Missbrauch­svorwürfen gegen Kardinal Hans Hermann Groër.

Die vier Bischöfe brachten ihre „moralische Gewissheit“zum Ausdruck, dass die gegen Groër erhobenen Missbrauch­svorwürfe „im Wesentlich­en zutreffen“. Die Unterschri­ft Eders unter diese Erklärung war keine beliebige. Sie war wesentlich dafür, dass diesen Text auch jene konservati­ven Kreise nicht ignorieren konnten, die alle Vorwürfe gegen den Kardinal als böswillige Diffamieru­ngskampagn­e abwiesen.

Schwer tat sich der Erzbischof dagegen mit der Ökumene. Besondere Betroffenh­eit löste dies anlässlich der offizielle­n Trauer-

„ Priester in schwierige­n Situatione­n konnten immer zu ihm kommen.“

Balthasar Sieberer, Dompfarrer

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Der Papst weist den Weg: Die Visite

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