Werden die Jungen weniger lang leben als ihre Großeltern?
Zu viel Alkohol und Nikotin könnten dazu führen, dass die Lebenserwartung in den nächsten Jahrzehnten wieder zurückgeht. Die Weltgesundheitsorganisation rügt Europa.
Viele Europäer leben äußerst ungesund. Das soll sich ändern. So haben sich die Länder der Europaregion vorgenommen, bis 2020 die vorzeitigen Todesfälle durch Herz- Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes und chronische Atemwegserkrankungen um jährlich 1,5 Prozent zu senken.
Ein aktueller Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bestätigt, dass dieses Ziel beinahe erreicht ist. Auch die Säuglingssterblichkeit in den 53 Ländern ist auf ihrem niedrigsten Stand. Dennoch schlagen die Experten Alarm: zu hoher Alkoholkonsum, Übergewicht und Rauchen sind zumeist schuld an einem vorzeitigen Tod.
„Der Report zeigt ermutigende Fortschritte“, sagte Zsuzsanna Jakab, die Direktorin der WHORegion Europa. Diese könnten jedoch durch hohen Alkohol- und Tabakkonsum zunichtegemacht werden. „Dies ist besonders relevant für junge Leute, die möglicherweise nicht so lang leben werden wir ihre Großeltern.“Die europäische Region der Weltgesundheitsorganisation umfasst 53 Länder, darunter auch Russland und Turkmenistan.
Folgende Faktoren beeinflussen die vorzeitige Sterblichkeit:
1.
In den vergangenen Jahren ist der Alkoholkonsum in der europäischen Region dank verschiedener Kampagnen zurückgegangen. So wurde nach den jüngsten Daten von 2005 bis 2010 zehn Prozent weniger getrunken. Dennoch konsumieren Europäer weltweit am meisten Alkohol. Die Durchschnittsmengen pro Jahr sind in den Ländern unterschiedlich und reichen von 0,32 bis 14,4 Litern reinen Alkohols pro Einwohner. Besonders viel getrunken wird in Weißrussland und Litauen, am wenigsten in islamisch geprägten Ländern wie der Türkei und Aserbaidschan. In Deutschland wird mit elf Litern immer noch vergleichsweise viel getrunken.
2.
Der Rückgang beim Tabakkonsum ist wesentlich dafür verantwortlich, dass die Rate der vorzeitigen Todesfälle gesunken und die Lebenserwartung von Männern gestiegen ist. Allein von 2010 bis 2012 wurde in 39 von 41 Ländern, bei denen entsprechende Daten vorlagen, weni- ger geraucht. Trotzdem ist die Quote weiterhin relativ hoch.
Durchschnittlich rauchen 30 Prozent der Europäer, schätzt die WHO. Am meisten geraucht wird in Russland, Georgien und Griechenland. Die Dänen und die Isländer sind am zurückhaltendsten.
3.
Fettleibigkeit sei eine der größten gesundheitlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, meinen die Experten der WHO. In allen 51 Ländern, für die Daten vorlagen, sei die Anzahl übergewichtiger und fettsüchtiger Menschen von 2010 bis 2014 gestiegen. Die meisten übergewichtigen Menschen leben in Amerika (61 Prozent), doch die europäische Region ist mit 58,6 Prozent nicht weit davon entfernt.
Abgesehen von körperlichen Behinderungen und psychischen Problemen ist Übergewicht häufig der Auslöser für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes.
4.
In den Ländern der europäischen Region waren 2012 durchschnittlich 95 Prozent der Kinder gegen Masern und Kinderlähmung (Polio) geimpft. Trotz der recht hohen Rate sind in der Hälfte der beobachteten Länder 2013 die Masern ausgebrochen. Betroffen waren unter anderen nicht geimpfte Erwachsene oder Gruppen, die das Impfen aus religiösen Gründen ablehnen.
Auch die Gefahr eines Polioausbruchs ist nicht gebannt. 18 Länder sind gefährdet, vier sogar extrem.
Weltweit der höchste Alkoholkonsum Rückgang beim Tabakkonsum Fettleibigkeit ist eine der größten Herausforderungen
5.
Neue Ausbrüche von Masern und Kinderlähmung Unfälle, Mord und Suizid sind rückläufig
Die Sterblichkeitsrate bedingt durch äußere Ursachen und Verletzungen ist seit 2002 rückläufig. Gründe hierfür sind Strategien für mehr Verkehrssicherheit und höhere Sicherheitsstandards. Männer sterben häufiger bei Unfällen als Frauen, vor allem im Straßenverkehr. Besonders gefährdet sind Männer von 15 bis 44 Jahren. Am gefährlichsten ist der Verkehr dem Bericht zufolge in Kirgistan, Moldawien und Griechenland. Deutschland liegt in dem Bereich weit besser als der Durchschnitt.
Die mit Abstand meisten Tötungen pro 100.000 Einwohner gibt es in Russland, die meisten Selbstmorde in Litauen und Weißrussland. Die durchschnittliche Suizidrate ist in der Europaregion höher als in den anderen WHO-Regionen.