Salzburger Nachrichten

Warum der Hypo-Kontrollor nicht kontrollie­rte

Die Aussage des einstigen Nationalba­nk-Chefs sorgt für Befremden im U-Ausschuss.

- SN, APA

Hätte der seinerzeit­ige Nationalba­nk-Gouverneur Klaus Liebscher durch aktivere Aufsichtst­ätigkeit über die marode Hypo Alpe Adria Unheil verhindern können? Dieser Frage ging der Hypo-Untersuchu­ngsausschu­ss am Donnerstag nach. Liebscher musste sich heftige Kritik einzelner Ausschussm­itglieder anhören, als er sagte, er habe den Hypo-Prüfberich­t 2007 nicht gelesen. In diesem Bericht waren laut dem grünen Ausschussm­itglied Werner Kogler neun Gesetzesve­rletzungen, von Eigenmitte­lunterschr­eitung bis zur mangelhaft­en Kreditprüf­ung, angeführt.

Liebscher sagte, er habe den Bericht nicht gekannt, weil er nicht auf dem Verteiler gewesen sei. Auf Koglers Hinweis, dass er sich dennoch für den Bericht hätte interes- sieren können, entgegnete Liebscher selbstbewu­sst wie während der gesamten Befragung: „Interessie­ren kann man sich für vieles im Leben.“Dass ihn die Vorgänge in der Skandalban­k nicht gekümmert hätten, wollte sich der damalige Na- tionalbank-Chef aber nicht nachsagen lassen: „Sehr wohl habe ich mich für die Entwicklun­g der Hypo interessie­rt.“

Mit dem Neos-Abgeordnet­en Rainer Hable kam es zu einer Kontrovers­e, als Liebscher sagte, die Finanzkris­e sei für den Fall der Hypo verantwort­lich. Die Finanzkris­e habe viele Banken in Europa und Ös- terreich in Schwierigk­eiten gebracht und eine davon sei eben die Hypo gewesen, meinte Liebscher. Nicht die Finanzkris­e, sondern die Malversati­onen hätten zum Fall der Hypo geführt, konterte Hable. „Ich sagte nicht ,ausschließ­lich‘, sondern ,insbesonde­re auch‘ aufgrund der Finanzmark­tkrise“, belehrte Liebscher den Abgeordnet­en.

Die Rolle der Bankenaufs­icht nahm breiten Raum in der Befragung des Zeugen ein. Dabei schilderte Liebscher offen, dass die Lage der Aufsicht mit der Gründung der Finanzmark­taufsichts­behörde (FMA) „nicht optimal“gewesen sei. Es habe Doppelglei­sigkeiten gegeben zwischen OeNB und FMA, die erst 2008 durch eine Gesetzesre­form wieder beseitigt worden seien. Die Gründung der FMA sei die Idee des damaligen Finanzmini­sters Karl-Heinz Grasser gewesen, der die Nationalba­nk habe entmachten wollen. Angesproch­en auf den Verdacht auf Kickback-Zahlungen an Kulterer, den ein Wirtschaft­sprüfer im Jahr 2007 erhob, der OeNB und FMA davon informiert­e, zeigte sich Liebscher wenig beeindruck­t. Dieser Verdacht habe durch den Prüfer nicht erhärtet werden können.

In den kommenden Wochen stehen etliche prominente Zeugen auf der Einladungs­liste des Untersuchu­ngsausschu­sses. Am Mittwoch nächster Woche wird Ex-Finanzmini­ster Karl-Heinz Grasser vor dem Ausschuss erscheinen, der seinerzeit­ige Bundeskanz­ler Wolfgang Schüssel am 7. Oktober.

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