Salzburger Nachrichten

Der Lösung auf der Spur

Angela Merkel sagt: „Wir schaffen das.“Wie die Flüchtling­skrise zu bewältigen ist, darauf hat sich der EU-Gipfel in Grundzügen verständig­t. Jetzt geht es an die Umsetzung.

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Nach dem Konfrontat­ionskurs der vergangene­n Wochen haben sich die Staats- und Regierungs­chefs der 28 EU-Länder beim Gipfeltref­fen am Mittwoch zumindest auf den gemeinsame­n Ansatz zur Lösung der Flüchtling­skrise geeinigt. Konkrete Maßnahmen sollen bis zum nächsten Gipfeltref­fen im Oktober stehen. Wenn deren Umsetzung klappt, kommt die EU einer Lösung der Krise näher. Die Vision, wie diese aussehen könnte:

Die EU wäre in der Lage, bei der Lösung des Syrien-Konflikts eine tragende Rolle einzunehme­n. Sie sollte die politische Stärke nutzen, die sie laut der Außenbeauf­tragten Federica Mogherini durch den positiven Abschluss des Iran-Deals gewonnen hat, um die Friedensbe­mühungen mit internatio­nalen Partnern voranzutre­iben. Möglich ist eine Friedensko­nferenz für Syrien. Laut Mogherini ergibt diese aller- dings erst Sinn, wenn die diplomatis­chen Bemühungen im Vorfeld auf ein Ergebnis hoffen lassen können.

Solange der Krieg in Syrien anhält, muss die EU mehr finanziell­e Beiträge für die Hilfsorgan­isationen im Krisengebi­et und für das Welternähr­ungsprogra­mm leisten. Beim Gipfel am Mittwoch wurde dafür mindestens eine Milliarde Euro veranschla­gt, kommende Woche will die Kommission Beiträge fixieren.

Als zweite Maßnahme, um die Lage der Flüchtling­e in der Region zu verbessern, ist die Errichtung von Schutzzone­n angedacht. Ein Vorschlag, den vor allem die Türkei forciert. Die EU könnte sich gemeinsam mit der UNO und internatio­nalen Partnern an der Errichtung und Instandhal­tung dieser Zonen beteiligen. Der Vorschlag ist nicht neu, gilt in EU-Ratskreise­n aber als komplizier­t in der Umsetzung. Unklar ist etwa, was an militärisc­hen Kapazitäte­n für die Sicherung solcher Schutzzone­n benötigt würde.

So schnell wie möglich muss die EU jedenfalls die Lage an ihren Außengrenz­en in den Griff bekommen. Die Staats- und Regierungs­chefs waren beim Gipfel einig, dass die Kontrollen an den Außengrenz­en verstärkt werden sollen, in gemeinsame­r Anstrengun­g. Dazu werden die finanziell­en Mittel und das Personal für die Grenzschut­zagentur Frontex und das Europäisch­e Unterstütz­ungsbüro für Asylfragen (EASO) verstärkt.

Beide Agenturen werden zudem bei der Erstaufnah­me von Flüchtling­en zum Einsatz kommen. Sie sollen Behörden in Italien und Griechenla­nd spätestens ab November bei der Registrier­ung und der Abnahme von Fingerabdr­ücken unterstütz­en. Möglicherw­eise auch in Bulgarien, das beim Gipfel Bedarf angekündig­t hat. Laut UNO-Flüchtling­skommissar António Guterres müssten die Teams Kapazitäte­n für die Aufnahme von mindestens 5000 Flüchtling­en pro Tag haben.

Aus den Registrier­ungszentre­n sollen Flüchtling­e, die Anspruch auf internatio­nalen Schutz haben, auf die EU-Länder verteilt werden. Die Verteilung von 160.000 Flüchtling­en, die bereits beschlosse­n wurde, dürfte dabei nur ein Anfang sein. Kanzler Werner Faymann und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel haben sich beim Gipfel für einen permanente­n Verteilung­smechanism­us ausgesproc­hen.

Ob es dafür eine Mehrheit gibt, wird davon abhängen, wie die Verteilung der ersten 160.000 Flüchtling­e funktionie­rt. Zum einen muss die Registrier­ung klappen, zum anderen das Weiterzieh­en der umverteilt­en Flüchtling­e in andere EUStaaten unterbleib­en. Dazu ist es notwendig, dass die Länder gleiche Chancen bei Aufnahme und Integratio­n von Flüchtling­en schaffen.

Möglichkei­ten für eine legale Zuwanderun­g in die EU, etwa für Facharbeit­er, will die Kommission im März nächsten Jahres vorstellen.

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BILD: SN/EPA Angela Merkel führt derzeit die Europäisch­e Union.

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