Salzburger Nachrichten

Widerspens­tige sucht zärtlich die Nähe

Zärtlich, rotzig, wahr: Cornelia Travnicek ist zufrieden mit der Verfilmung ihres erfolgreic­hen Romandebüt­s „Chucks“.

- Cornelia Travnicek, Autorin

Wenn Autoren über die Verfilmung ihrer Werke sprechen, schwingt oft Wehmut mit – so als hätte da jemand ein Kind in fremde Hände geben müssen. Die 28-jährige Schriftste­llerin Cornelia Travnicek ist da anders: „Es ist ja nicht, als würde jemand mein Buch umschreibe­n, sondern es ist ein völlig neues, eigenständ­iges Kunstwerk“, sagt sie im SN-Gespräch über den Film „Chucks“.

Es ist die Verfilmung ihres erfolgreic­hen Romandebüt­s von 2012. Es geht um die verletzlic­he, widerspens­tige Mae, die ihre Trauer um den gestorbene­n Bruder, Rebellion und Erwachsenw­erden unter einen Hut zu bekommen versucht. „Chucks“ist auch eine Liebesgesc­hichte, als Mae (gespielt von Anna Posch), die Hausbesetz­erin und Poetry-Slammerin, beim aidskranke­n älteren Fotografen Paul (Markus Subramania­m) unverhofft ernsthafte Zärtlichke­it findet.

Regie führten Sabine Hiebler und Gerhard Ertl, die zuletzt mit „Anfang Achtzig“(2012, mit Karl Mer- katz) eine Liebesgesc­hichte gewisserma­ßen vom anderen Ende des Lebens erzählten. „Sabine und Gerhard haben mich ständig involviert, ich habe mehrere Versionen des Drehbuchs gelesen, und sie wollten immer meine Meinung wissen“, sagt Autorin Travnicek. „Auch zu Hintergrun­dinfos, die nicht im Buch stehen, über die ich mir aber vielleicht Gedanken gemacht habe.“

Manche Details kommen in der Verfilmung nur als Widerhall vor, wenn etwa die Winnetou-Romane im Regal stehen, die im Buch eine wesentlich­e Rolle spielen. Anderes hat sich verändert. Mae und Paul fahren etwa nicht nach Amsterdam, sondern nur zu einem Thermenwoc­henende aufs Land, „ein typisch österreich­isches Pärchenwoc­henende“, so Travnicek.

Durch die Festschrei­bung der Drehorte ist der Film „Chucks“viel deutlicher ein österreich­ischer Film als das Buch. Dazu tragen auch der Soundtrack mit Songs von Soap&Skin, Clara Luzia oder Bilderbuch bei und die Sprache: Anna Posch spricht als goscherte Punkerin Mae einen Wiener Dialekt, der durch Markus Subramania­ms Hochdeutsc­h noch stärker wirkt.

Dass das Ende des Films, in dem Mae zur Autorin wird, als Schwenk ins Autobiogra­fische missversta­nden werden könnte, ist der Autorin bewusst, „aber ich verstehe, warum sie diesen Kunstgriff angewandt haben. Es ist dadurch eine sehr schöne, runde Geschichte“.

Beim Filmfestiv­al Montreal bekam der Film den Publikumsp­reis. Und von Cornelia Travnicek gibt es demnächst auch Neues zu lesen: Am 12. Oktober erscheint „Junge Hunde“, für den sie jenen Text zum Roman ausgebaut hat, der beim BachmannWe­ttlesen im Jahr 2012 den Publikumsp­reis erhalten hatte.

„Es ist ein völlig neues, eigenständ­iges Kunstwerk.“

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BILD: SN/STADTKINO/THALER Große Kraft: Anna Posch spielt die Hauptrolle in der Romanverfi­lmung „Chucks“.

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