Salzburger Nachrichten

Der Krieg tobt im Kopf weiter

Viele Flüchtling­e kommen nach ihrer Flucht nicht zur Ruhe. Sie sind nach dem Krieg von Traumata betroffen. Ihre Behandlung hilft uns allen.

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WIEN. Strichmänn­chen in roten Kreisen, hingekritz­elte Gewehre und kaputte Häuser. Solche Kinderzeic­hnungen sehen Helfer an der österreich­isch-ungarische­n Grenze häufig. Es sind die Zeichnunge­n von schwer traumatisi­erten Kindern, die allein oder mit ihren Eltern aus den Krisengebi­eten geflohen sind.

Experten fordern, dass mehr traumatisi­erte Flüchtling­e be- handelt werden. Sonst könnten die Folgen in einigen Jahren verheerend sein. „Reizbarkei­t kann ein Symptom von posttrauma­tischen Belastungs­störungen sein“, erklärt die Psychologi­n Cecilia Heiss. Sie leitet den Verein Hemayat, der traumatisi­erte Asylbewerb­er behandelt.

Die Aggression kann, gepaart mit einer langen Wartezeit auf das Asylverfah­ren oder einem fehlenden Zugehörigk­eitsgefühl zur österreich­ischen Gesellscha­ft, eine explosive Mischung sein. Viele der Männer, die als ISKämpfer aus Österreich nach Syrien gingen, waren einmal als Flüchtling­e aus Bosnien oder Tschetsche­nien gekommen.

„Wir dürfen den Fokus aber nicht nur auf die Kinder legen.“Eltern gäben Traumata oft unbewusst weiter. Wie in dem Fall eines kleinen Mädchens, das in Ohnmacht fiel, wenn es Uniformen sah. „Das Mädchen hat selbst nie schlechte Erfahrunge­n mit Soldaten oder der Polizei gemacht.“Es habe schlicht die Angst der Eltern übernommen.

„Kinder wachsen in Krisensitu­ationen oft über sich hinaus.“Sie sind plötzlich Dolmetsche­r für die Eltern oder Aufpasser für die Geschwiste­r. „Erst später kommt zutage, wie schwer traumatisi­ert sie eigentlich sind.“Meistens äußern sich Traumata durch Schlaflosi­gkeit, Stresszust­and und Reizbarkei­t. Aber es kann auch sein, das Kinder aufhören zu sprechen.

„Am wichtigste­n ist, dass die Hilfe schnell kommt“, sagt Heiss. Mittlerwei­le gibt es in jedem Bundesland einen Verein, der sich auf traumatisi­erte Flüchtling­e spezialisi­ert hat. Allein der Verein Hemayat aus Wien konnte 700 Klienten betreuen, 300 stehen laut Heiss auf der Warteliste. „Die Menschen bitten um Hilfe, aber wir können sie ihnen nicht geben. Die Ressourcen fehlen“, sagt Heiss.

„Ressourcen für die Hilfe

fehlen.“

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BILD: SN/HEMAYAT Zeichnunge­n von traumatisi­erten Kindern aus Kriegsgebi­eten.
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Psychologi­n
Cecilia Heiss, Psychologi­n

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