VW trickste auch in Europa
Die Abgasaffäre beim deutschen Autobauer Volkswagen zieht immer weitere Kreise.
Angesichts von elf Millionen Autos, bei denen der VWKonzern nach eigenen Angaben bei der Abgasmessung getrickst hat, dürfte es niemanden überrascht haben, dass auch Europa betroffen ist. Erst knapp eine Woche nach dem Aufpoppen des Skandals steht nun offiziell fest, die Wolfsburger haben auch in Europa bei Dieselautos Manipulationssoftware eingesetzt. Der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt erklärte am Donnerstag, von den Manipulationen bei Abgasmessungen an Dieselautos bei Volkswagen seien auch Fahrzeuge in Europa betroffen. Das sei der von ihm eingesetzten Untersuchungskommission am Mittwoch bei ersten Gesprächen in Wolfsburg mitgeteilt worden.
Um wie viele Autos es genau gehe, stehe noch nicht fest, sagte der deutsche Minister. „Das wird sich in den nächsten Tagen klären. Wir werden deswegen auch weiterhin intensiv daran arbeiten, gemeinsam mit Volkswagen genau herauszufinden, um welche Fahrzeuge es sich im Detail handelt, um auch die Öffentlichkeit weiter darüber zu informieren.“Seinen Angaben zufolge geht es um Fahrzeuge mit 1,6- und 2-Liter-Dieselmotoren. Auch die Anzahl der in Österreich von der Abgasaffäre bei Volkswagen betroffenen Autos ist weiter offen.
Dass vom Dieselskandal nun auch Fahrzeuge in Europa betroffen sind, hat am Donnerstag die EUKommission auf den Plan gerufen. Untersuchungen wird es auf EUEbene nicht geben, weil kein Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht vorliegt, wo die Kommission zuständig wäre. Ermittlungen könne es daher nur von nationalen Behörden geben, sagte eine Sprecherin. Die Kommission wolle aber eine Plattform bieten, auf der sich die Mitgliedsstaaten zu ihren Ergebnissen austauschen können.
Fest steht bisher: In den Vereinigten Staaten hat Volkswagen die Autos mit einer Software so manipuliert, dass sie bei Tests deutlich weniger gesundheitsschädliche Stickoxide ausstießen als tatsächlich auf der Straße. Konzernchef Martin Winterkorn gab wegen der Affäre am Mittwoch seinen Rücktritt bekannt. Am Donnerstag sollten ihm weitere Manager im Konzern folgen: Laut Medienberichten müssen der für Forschung zuständige Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz und Audi-Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg ihre Posten räumen.
Auf VW rollt in den USA und Kanada eine Welle von Sammelklagen zu. Rund 40 solcher Klagen sind dort nach Informationen des NDR und der „Süddeutschen Zeitung“inzwischen bei Gerichten eingereicht worden. Kläger sind demnach vor allem private Autokäufer, in einem Fall auch ein Autohändler. VW würden Betrug, Vertragsbruch und weitere Gesetzesverstöße vorgeworfen, hieß es.
Auch in Deutschland startete die Staatsanwaltschaft Braunschweig Vorermittlungen. Und in Italien hat die Staatsanwaltschaft in Turin Er- mittlungen aufgenommen. In Österreich gibt es bisher keine Klagen und keine Ermittlungen. Auch die Kunden des VW-Konzerns verhalten sich ruhig. Bei einer eigens eingerichteten Hotline bei der Porsche Holding (0662-46813500) in Salzburg, die ja zum VW-Konzern gehört, meldeten sich nur vereinzelt Menschen. Die österreichischen Autohändler berichten, dass alles wie immer laufe. Freilich wünschen sich viele Händler, mehr und schnellere Informationen aus Wolfsburg zu bekommen. Doch alles, was man wisse, wisse man aus den Medien, heißt es bei den frustrierten Händlern.