Salzburger Nachrichten

„Mit Down-Syndrom ist das Lachen und Weinen intensiver“

Viele Ängste plagen Eltern bei der Vorstellun­g, ein behinderte­s Kind zu bekommen. Die Mutter eines 13-Jährigen mit Trisomie 21 erzählt, was schöner und was schwierige­r ist.

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Etwa 8000 Menschen mit Down-Syndrom leben in Österreich. Sie sind mit einer Veränderun­g in ihrem Chromosome­nsatz zur Welt gekommen. Das 21. Chromosom oder Teile davon sind dreifach vorhanden.

Eines dieser Kinder ist der knapp 13-jährige Sohn von Simone Fürnschuß-Hofer, der Autorin des Buchs „Das Leben ist schön – Besondere Kinder. Besondere Familien“. Was würde die Frau, die mit ihrer Familie in Lustenau lebt, jungen Eltern sagen, die ein Kind mit Down-Syndrom erwarten? „Dass die Ängste, die man vor dem Leben mit einem solchen Kind hat, sehr unrealisti­sche Ängste sind“, sagt FürnschußH­ofer spontan. „Man bekommt in erster Linie ein Kind und kein Syndrom. Und man darf sich auf das Kind freuen.“

Die Mutter Valentins zählt diese Ängste auf, die sie auch selbst gekannt hat: „Dass alles schwierige­r wird und das normale Leben vorbei ist, was immer man sich unter normal vorstellt. Dass man nicht mehr mitten in der Gesellscha­ft steht, sondern zu einer Randgruppe gehört. Dass man das, was von einer Leistungsg­esellschaf­t erwartet wird, mit einem solchen Kind nicht erbringen kann, weil es den gängigen Standards nicht entspreche.“

Die Erfahrunge­n, die FürnschußH­ofer tatsächlic­h gemacht hat, lassen sich an dem Phänomen der Intensität festmachen – positiv wie negativ. „Lachen und Fröhlichke­it haben wir mit unserem Sohn ungemein intensiv erfahren. Sowohl in Valentins Ausdruck als auch im eigenen Erleben“, sagt sie. Aber naturgemäß gelte diese erhöhte Intensität auch für schwierige Momente. „Auch die sind intensiver.“

Die ersten zehn Jahre hat Valentins Mutter als „sehr leicht“in Erinnerung. „Unser Sohn ist ein sehr sanftes Kind gewesen. Man kommt in den Kindergart­en zum Abholen und das Kind strahlt dich einfach nur an. Oder es gibt zu Mittag das Lieblingse­ssen, und das Kind ist vor Freude völlig aus dem Häuschen. Solche magische Momenten haben den Alltag geprägt und prägen ihn.“

Jetzt ist Valentin in die Pubertät gekommen, mit entspreche­nden Herausford­erungen. „Ab und zu vermisse ich zum Beispiel, dass wir die Dinge, die nicht gut laufen, differenzi­ert betrachten und im Gespräch gemeinsame Lösungen finden können. Da steigt mir Valentin oft aus und ich muss lernen, auf eine andere Ebene zu gehen. Aber auch daran wachsen wir.“

Für die fernere, auch berufliche Zukunft hofft Fürnschuß-Hofer, „dass unser Sohn mit seinen vielen Fähigkeite­n, die er hat, auf entspreche­nde Möglichkei­ten treffen wird. Er ist ein sehr gefühlvoll­er, beziehungs­orientiert­er Mensch“. Valentin könne sich vor allem künstleris­ch sehr gut ausdrücken. Geschichte­n zu lesen, sie zu erzählen, sie zu spielen und auf die Bühne zu bringen, das sei seine große Stärke. Freilich wisse sie, dass nicht jedes Kind mit Down-Syndrom Schauspiel­er werden könne, sagt die Mutter. „Da gilt es Bereiche zu suchen, wo Valentin sich als Erwachsene­r entfalten kann und die Gratwander­ung schafft, dass er sich an gegebene Berufsfeld­er annähert, die für ihn infrage kommen.“

Ein glückliche­s Leben in der größtmögli­chen Selbststän­digkeit, vor allem aber auch ein Leben in Selbstbest­immung und eigener Verantwort­ung, sieht Fürnschuß-Hofer als wichtigste­s Ziel für Valentin. Ein Leben, „in dem wir als Eltern nicht mehr die ersten Ansprechpa­rtner sind, sondern wo jemand da ist, der in einer Wohngemein­schaft – oder welche Form das immer sein wird – assistiert.“Es werde aber noch viel Vorarbeit zu leisten sein, „um von dem bisher bekannten betreuten Wohnen, in dem die Selbstbest­immung oftmals reduziert ist, ein Stück weit wegzukomme­n“.

Für Valentins Mutter ist klar, dass Eltern eines Kindes mit Down-Syndrom keine zu fixen Vorstellun­gen von dessen Zukunft haben dürfen.

„Wir erleben viele magische Momente.“

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BILD: SN/CONNY WENK Tamara Röske hat Down-Syndrom und arbeitet als Model. „Amerika ist mein großes Ziel“, sagt sie.
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Simone Fürnschuß-Hofer

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