Salzburger Nachrichten

Grenze hält die Kunden fern

Seit zehn Tagen gibt es an der Grenze zwischen Österreich und Deutschlan­d wieder Grenzkontr­ollen. Die Pendler können den Wartezeite­n kaum entgehen, Freilassin­ger Geschäften fehlen die Kunden.

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Not macht erfinderis­ch. Wenn der Musiklehre­r Markus Hofmann von seinem Wohnort in Salzburg in seine Musikschul­e nach Bernau am Chiemsee fahren will, nimmt er einige Umwege in Kauf. Erst steigt er in die S-Bahn nach Liefering. Von dort geht er zu Fuß über die Grenze. „Es gibt zwar die Buslinie 24, die auch fahren würde“, sagt er. Aber der Bus brauche für die Strecke von zwei Kilometern oft 45 Minuten.

Markus Hofmann schafft das in 15 Minuten. „Je nachdem, wie groß der Pulk an Wartenden an der Grenze ist.“Am Freilassin­ger Bahnhof steigt er in den Meridian-Zug Richtung München. Hofmann hat durchaus Verständni­s für die aktuelle Situation. Aber wie damit umgegangen werde, bezeichnet er als irrational. „Früher hat es auch Grenzkontr­ollen gegeben, aber jetzt gibt es überhaupt kein Konzept dafür.“

Mit den Staus rund um die Grenzkontr­ollen haben viele Salzburger und Freilassin­ger ihre liebe Not. Eine Stunde betrug die Wartezeit auf der Autobahn Richtung Walserberg am Donnerstag, in der Münchner Bundesstra­ße gibt es laut Landesverk­ehrsabteil­ung (LVA) täglich von der Frühverkeh­rsspitze bis zu den Abendstund­en Staus. „Fallweise steht der Verkehr bis zum Kreisverke­hr Salzburg-Mitte“, sagt Dieter Rauchenzau­ner von der LVA. Besonders trifft das jene Pendler, die täglich die deutschöst­erreichisc­he Grenze passieren müssen, um in die Arbeit zu fahren. Laut Landesstat­istik pendeln täglich 6000 Menschen aus Bayern nach Österreich, in die andere Richtung sind es 2000. Die Gewürzfirm­a Wiberg ist in dieser Hinsicht doppelt betroffen. Die Firmenzent­rale liegt in Salzburg, produziert wird in Freilassin­g. „Viele unserer Mitarbeite­r planen eine halbe Stunde länger pro Weg ein“, sagt Geschäftsf­ührer Marcus Winkler.

Die Probleme beträfen seinen Betrieb aber nicht nur in der Früh und am Abend. „Viele müssen häufig untertags zwischen den Firmenstan­dorten hin- und herfahren.“Besonders unangenehm sei es gewesen, als Winkler mit einer 40-köpfigen Gruppe mit russischen Kunden im Stau an der Grenze stand. Wobei er aber einräumt: „Der Stau ist in der Flüchtling­sfrage nur ein Nebenaspek­t.“

Fakt ist: Viele Salzburger meiden derzeit Freilassin­g, wenn sie nicht unbedingt dorthin müssen. Das trifft vor allem die dortigen Geschäftst­reibenden, die in der derzeitige­n Situation mit Umsatzeinb­ußen zu kämpfen haben. „Die Kunden sind heutzutage bequem“, sagt Florian Huemer vom Geschäft Lederbasar in der Freilassin­ger Einkaufsst­raße. Mehr als die Hälfte seiner Kunden seien üblicherwe­ise aus Salzburg. Und die blieben zurzeit lieber auf ihrer Seite der Grenze.

Auch Anna Fraek vom Schuhhaus Baumgartne­r berichtet, dass derzeit die Kunden ausblieben. „Erst hatten wir die Baustelle in der Münchner Bundesstra­ße und jetzt die Grenzkontr­ollen. Das spüren wir enorm.“

Ein Ende der Situation ist nicht abzusehen. Die Grenzkontr­ollen zwischen Österreich und Deutschlan­d bleiben aufrecht, der Zugverkehr von Salzburg nach München ist zumindest bis zum 4. Oktober eingestell­t.

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Marcus Winkler, Wiberg
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Anna Fraek, Verkäuferi­n

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