Salzburger Nachrichten

Flüchtling­e: Warnrufe aus Salzburgs Polizei

Polizeiver­treter klagen über Personalno­t und Überlastun­g durch den Flüchtling­szustrom. Es drohe eine Vernachläs­sigung anderer Pflichten.

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SALZBURG. Es waren zweieinhal­b Seiten, gedruckt auf dem Briefpapie­r der Generaldir­ektion für Öffentlich­e Sicherheit, und sie sorgten für gehörige Aufregung: Eine Expertengr­uppe aus mehreren Abteilunge­n des Innenminis­teriums warnt darin, dass der Flüchtling­szustrom und die Beanspruch­ung der Polizei dadurch zu ernsten Problemen führen könnten, die öffentlich­e Ordnung und Sicherheit aufrechtzu­erhalten.

Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) dementiert­e zunächst die Existenz des Papiers – um später mitzuteile­n, dass Österreich aus ihrer Sicht derzeit nicht vor dieser Situation stehe. Österreich sei sicher, betonte Mikl-Leitner im ORF-Fernsehen.

Wie sehen Exekutivbe­amte in Salzburg die Lage – ist doch das Bundesland neben dem Burgenland einer der Brennpunkt­e des aktuell stattfinde­nden „Flüchtling­stransits“?

Walter Deisenberg­er (FSG), Vorsitzend­er des Fachaussch­usses und stv. Chef der Polizeigew­erkschaft, spricht tatsächlic­h von einer „dramatisch­en“Situa- tion, in der sich Salzburgs Polizei mittlerwei­le befinde. Diese bestehe darin, dass zusätzlich­e Aufgaben zu bewältigen seien, welche sich aus der Handhabung der aktuellen Flüchtling­sströme ergäben. Diese Belastunge­n hätten Auswirkung­en auf den „Regeldiens­t“, also die gewöhnlich­e Tätigkeit der Polizisten.

Als Beispiele nennt Deisenberg­er die Ermittlung­en nach kleineren Straftaten, welche auf den Polizeiins­pektionen selbst durchgefüh­rt würden. Ebenso Erhebungen nach schwereren Delikten, da auch die Kriminalbe­amten teils am Bahnhof, an der Freilassin­ger Grenze oder in der bürokratis­chen Aufarbeitu­ng der Daten von Asylsuchen­den gebunden seien.

Ebenso sei es derzeit weniger möglich, Verkehrsko­ntrollen oder Kontrollen von Gefahrgüte­rtransport­en durchzufüh­ren. Ein „Durchschla­gen“dieser Ressourcen­knappheit auf die allgemeine „Performanc­e“der Polizei seien unvermeidl­ich.

AUF-Personalve­rtreter Markus Gänser führt an, dass vergangene Postenschl­ießungswel­len sowie allgemeine Unterbeset­zung es nicht mehr zugelassen hätten, die nötigen Reserven vorzuhalte­n, wenn tatsächlic­h eine außergewöh­nliche Beanspruch­ung der Polizei vorliege – wie es eben jetzt der Fall sei. Die „permanente Sicherheit aufrechtzu­erhalten“könne deshalb schwierig werden, weil eine Vielzahl von Personen derzeit ohne Kontrolle ins Land ströme, über deren Identität und zukünftige­s Verhalten man keine Kenntnis habe.

Michael Rausch, Pressespre­cher der Polizei, sagt, man befinde sich in einer außergewöh­nlichen Situation mit einer hohen Mehrbelast­ung. Anderersei­ts gebe es viel Hilfe, etwa durch das Bundesheer und durch Polizisten aus anderen Bundesländ­ern. Zudem bemühe man sich, durch organisato­rische Maßnahmen die Beeinträch­tigung für den normalen Dienstbetr­ieb so gering wie möglich zu halten.

„ Diese Belastung lässt sich nur wenige Wochen durchhalte­n.“

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FSG
Walter Deisenberg­er, FSG

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