Österreichs Waffen in aller Welt
Heimische Gewehre und Panzer sind begehrt – auch bei Terroristen und totalitären Regimen.
WIEN. Papst Franziskus hat bei seinem Besuch in den USA die Waffenlieferungen der Amerikaner scharf kritisiert. Die Vereinigten Staaten sind der größte Waffenexporteur. Auch in Österreich ist der Export von Pistolen, Jagdgewehren und Kriegsmaterial ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Einer der größten Gewehrhersteller des Landes, Steyr-Mannlicher, beschäftigt in Österreich rund 170 Mitarbeiter, der Pistolenproduzent Glock 800 Mitarbeiter.
In den vergangenen zehn Jahren verließen laut Statistik Austria Waffen, Munition und Waffenteile um 2,7 Milliarden Euro das Land. Heuer lieferten heimische Waffenhändler und Hersteller bis zum Juni Gerät im Wert von etwa 164 Millionen Euro ins Ausland. Was nicht aus den Zahlen hervorgeht, ist, wie viele der Waffen als Kriegsgerät gelten. Diese Zahlen unterliegen der Geheimhaltung. Fest steht, dass unter anderem tunesische, australische, neuseeländische und US-amerikanische Behörden österreichische Waffen nutzen.
Der Waffenexport ist in Österreich streng geregelt. Für die Ausfuhr von Kriegsmaterial ist das Innenministerium zuständig, das Außenministerium muss zustimmen und das Verteidigungsministerium wird befragt. Dessen Experten prüfen die si- cherheitspolitische Lage des Landes, in das die Waffen geliefert werden sollen. Krieg oder Menschenrechtsverletzungen sind Gründe dafür, dass ein Waffendeal nicht zustande kommt.
Österreichische Waffentechnologie taucht trotzdem immer wieder in Krisengebieten auf. Im Internet häufen sich die Bilder aus dem syrischen Bürgerkrieg, auf denen Gewehre zu sehen sind, die dem österreichischen Sturmgewehr StG AUG ähneln. Das besser als StG 77 bekannte Gewehr wird auch vom österreichischen Bundesheer eingesetzt.
Laut Medienberichten aus Syrien sollen die Waffen tatsächlich aus Österreich stammen. Bestimmte Merkmale sprächen für eine österreichische Produktion. „Wir haben das überprüft und herausgefunden, dass die Gewehre wahrscheinlich aus eine Zeit stammt, als noch die verstaatlichten Steyr-Werke die Waffen verkauften“, erklärt Markus Schindler, Sprecher von SteyrMannlicher.
Weitere StG 77 könnten aus Saudi-Arabien oder Tunesien nach Syrien gekommen sein. Steyr-Mannlicher lieferte die Sturmgewehre in beide Länder. Jetzt posieren ISKämpfer und Rebellen der Freien Syrischen Armee mit den Waffen. Bei Steyr-Mannlicher geht man in den meisten Fällen von Fälschun- gen aus. Nur über die Seriennummer könne man den Weg der Waffe nachvollziehen.
Für Aufsehen sorgte ein Internetvideo, das die islamistische Terrorgruppe Boko Haram in Nigeria auf einem Panzer zeigt. Militärexperten sahen darauf einen österreichischen Saurer-Panzer. Solche Panzer waren von den österreichischen Saurer-Werken entwickelt und nach der Übernahme von SteyrDaimler-Puch produziert worden. Unklarheit herrscht darüber, wie der Panzer in die Hände der Boko Haram kam. Am wahrscheinlichsten stammt er von einem Verkauf an Nigeria in den 1980er-Jahren.
In Zeiten moderner Kriegsführung werden laut Experten weniger Panzer verkauft, dafür mehr Hochtechnologie, die für zivile oder militärische Zwecke eingesetzt werden kann, etwa Drohnen. Diese sogenannten Dual-Use-Güter werden bei der Ausfuhr nicht so streng kontrolliert. Das Wirtschaftsministerium überprüft die Ausfuhr, das Außenministerium muss um seine Einschätzung gefragt werden. Laut Medienberichten wurde heuer eine österreichische Drohne im Jemen abgeschossen. 2008 hatte das Wirtschaftsministerium in Wien den Verkauf von Drohnen an die Vereinigten Arabischen Emirate bewilligt, allerdings nur für zivile Zwecke. Im Jemen führt eine Koalition arabischer Staaten unter Führung Saudi-Arabiens einen erbarmungslosen Krieg gegen Huthi-Rebellen.
Der Nahe Osten ist trotz instabiler Lage und zahlreicher Menschenrechtsprobleme ein guter Absatzmarkt für österreichische Waffen. Laut Statistik Austria wurden seit 1995 allein nach Saudi-Arabien Waffen, Munition, Waffenteile und Zubehör um 38,5 Millionen Euro geliefert.