Auch Hollande will mit Assad reden
Symbolische Luftangriffe aus politischem Kalkül: Paris sucht im Syrien-Konflikt seinen Einfluss zu sichern.
PARIS. Frankreichs Präsident François Hollande will im syrischen Bürgerkrieg ein Wort mitreden. Wenn es im Kampf gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“(IS) zur Bildung einer internationalen Koalition kommen sollte, die auch Kräfte des syrischen Regimes einschließt – wie es Russlands Präsident Wladimir Putin anstrebt –, dann soll Frankreich nicht abseits stehen. Das ist das strategische Ziel, das Frankreich mit dem Bombardement von IS-Stellungen im Osten Syriens verfolgt.
Dass François Hollande diesen ersten französischen Luftangriff gegen die Terrormiliz am Sonntag zum Auftakt seiner Teilnahme an der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York bekannt gab, ist kein Zufall. Einen Tag vor dem Treffen von US-Präsident Barack Obama und Wladimir Putin am Rand der UNO-Debatte und vor der mit Spannung erwarteten Rede des Kremlchefs vor dem Weltforum kam es für Hollande darauf an, in dem diplomatischen Ringen, das sich in dem Bemühen um eine Lösung des Syrien-Konflikts andeutet, Frankreichs Stimme zur Geltung zu bringen. „Paris fordert seinen Platz an der syrischen Front“, schreibt die Zeitung „Le Monde“.
Der militärische Zweck des Luftangriffs auf ein Ausbildungslager des IS bei der Stadt Deir ez-Zor im Osten des Landes erscheint nach vorliegenden Pariser Informationen begrenzt. Bei dem fünfstündigen Angriff wurde es „total“zerstört, wie Hollande sagte. Über Opfer und deren mögliche Zahl liegen in Paris jedoch keine Angaben vor. Es soll sich um ein Trainingslager für französische Dschihadisten gehandelt haben, in dem vor einiger Zeit junge Leute aus der südfranzösischen Stadt Lunel ausgemacht worden waren. Von dort sollen über das Internet auch Aufrufe zur Aktion in Frankreich an zu Hause ge- bliebene Dschihadisten ergangen sein. Ziel des Angriffs seien nicht bestimmte Personen gewesen, sondern ein IS-Lager, in dem Leute trainiert würden, „die Frankreich bedrohen“, heißt es dazu in Paris.
Bedeutender erscheint der politisch-strategische Zweck der Operation im Hinblick auf diplomati- sche Ansätze zur Konfliktlösung. Die 215 Luftangriffe während eines Jahres, die sich auf IS-Ziele auf irakischem Gebiet beschränkten, flog Frankreich in Kooperation mit der US-geführten Militärkoalition. Der Angriff vom Sonntag, dem weitere Attacken folgen sollen, wurde, wie der Élysée-Palast erklärte, „außerhalb“der Koalition ausgeführt. Paris betont damit seine Autonomie, wenn es andererseits der von Putin vorgezeichneten und inzwischen auch von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel akzeptierten Linie folgt, dass am syrischen Diktator Baschar al-Assad kein Weg vorbeiführt. Dessen Verschwinden war für Hollande bisher die Voraussetzung einer politischen Lösung. „Wir schließen niemanden aus“, sagt er jetzt, „wir reden mit allen.“