Salzburger Nachrichten

„Sichere Häfen“an den EU-Außengrenz­en?

Experten diskutiert­en in Salzburg über Flüchtling­e in den Gemeinden – und schlagen Aufnahmeze­ntren an den EU-Grenzen vor.

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WIEN, GRAZ. Die Zahl der Flüchtling­e werde sich in Zukunft nicht verringern. Davon ist Franz Schausberg­er überzeugt. Salzburgs Ex-Landeshaup­tmann sprach am Montag im Rahmen einer Konferenz seiner Stiftung Institut der Regionen Europas (IRE) in Salzburg. Seine Lösung in der Asylfrage: „Die Flüchtling­e müssen mit einem Schlüssel fair über die Regionen und Gemeinden Europas aufgeteilt werden – sonst schüren wir Ängste und Zorn.“Positive Beispiele aus Orten, in denen das Zusammenle­ben gelingt, sollen den Bewohnern die Angst vor Flüchtling­en nehmen. Doch Schausberg­er ist bewusst, dass die Schutzsuch­enden Europa verändern. „Von der Haltung ,Wir sind eine Insel der Seligen‘ müssen wir uns verabschie­den. Das Problem ist nicht weit weg, es geht uns etwas an“, sagt Schausberg­er.

Die Zahl der Asylanträg­e bleibt in Österreich indes stabil. Laut Innenminis­terium ist für den September keine Veränderun­g zu den Monaten Juli und August abzusehen. Seit 1. September wurden in Österreich rund 8000 Asylanträg­e gestellt, im August und im Juli davor waren es jeweils 8500. Etwas geringer war die Zahl noch im Juni, damals gingen 7680 Asylanträg­e bei den Behörden ein. Mit Stichtag Sonntag sind im September bislang 180.000 Menschen in Österreich angekommen. Weniger als fünf Prozent davon haben in Österreich Asyl beantragt. 160.000 sind bereits in Richtung Deutschlan­d und Skandinavi­en weitergere­ist, 133.000 Personen davon per Bahn. Immer wenn sich der Bahnverkeh­r reduziert, steigt der Anteil jener, die mit dem Auto oder zu Fuß nach Deutschlan­d reisen. Bundeskanz­ler Werner Faymann bekannte sich am Montag zu dem bislang von Österreich in der Flüchtling­skrise eingeschla­genen Weg: „Nur die Ängste der Menschen zu schüren hat noch nie etwas gelöst und ist der falsche Weg. Jetzt geht es darum, Anstand und Charakter zu zeigen.“Österreich müsse weiter dafür sorgen, die Ordnung zu sichern, und „dabei unsere Menschlich­keit bewahren“.

Der Direktor des Bundeskrim­inalamts, Franz Lang, spricht indes auf der Konferenz in Salzburg ein anderes Problem an – das der Identifika­tion. „Mit einem syrischen Ausweis kann die Polizei nichts anfangen.“Tausende Blankopäss­e seien in Syrien in den Händen verschiede­nster Akteure, von der Regierungs­armee bis zu der Terrormili­z „Islamische­r Staat“. Lang denkt jedoch nicht, dass ein Terrorist mit einem gefälschte­n Pass über die Flüchtling­srouten nach Europa einreisen kann. „Der IS hat andere Strategien, als seine Kämpfer auf dem Weg lebensgefä­hrlicher Strapazen nach Europa zu schleusen.“Die österreich­ische Polizei sei zudem sehr gut vernetzt: „100 Prozent sicher können wir aber freilich nie sein – wir widmen dem Thema aber sehr viel Aufmerksam­keit.“

Die Hälfte der Flüchtling­e, die sich derzeit in Europa befänden, sei nicht aus Syrien. „Sobald sie einen Asylantrag stellen, werden sie interviewt“, sagt Lang. Ein Dolmetsche­r überprüfe, ob die Ortsbeschr­eibungen, der Dialekt stimmig seien. Zudem sollen biometrisc­he Daten wie der Fingerabdr­uck Sicherheit geben, dass der Flüchtling wirklich vor Krieg geflohen ist.

Lang sprach sich zudem für einen „sicheren Hafen“an den EUAußengre­nzen aus. „Die Flüchtling­e können dort versorgt, registrier­t und verteilt werden“, sagt Lang. Bisher versuche jeder EU-Staat, eine eigene Lösung für die Asylbewerb­er zu finden. Durch einen „sicheren Hafen“könnten die Aktionen effiziente­r koordinier­t werden.

Am Montag hielten sich 10.500 Flüchtling­e in Österreich auf. 8000 Menschen haben in betreuten Quartieren übernachte­t, sagt ein Sprecher des Roten Kreuzes. Österreich sei gewappnet, wenn Deutschlan­d in naher Zukunft die Grenzen dicht machen sollte, betont Alexander Marakovits vom Innenminis­terium. Für dieses Szenario seien vom Einsatzsta­b, in dem sieben Ministerie­n integriert sind, bereits Notfallplä­ne ausgearbei­tet worden. Wie diese Pläne aussehen, wollte Marakovits aber nicht bekannt geben.

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Franz Schausberg­er
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