Ungarns Krieg mit Flüchtlingen
Wie die ungarische Regierung mit Flüchtlingen aus Kriegsund Krisengebieten umgeht, die es in dieses EU-Land schaffen und gleich einmal kriminalisiert werden, ist genauso skandalös wie der Versuch, diese Menschen erst gar nicht ins Land zu lassen. Der an der Grenze zu Serbien und womöglich bald auch an der zu Kroatien, einem EU-Mitgliedsstaat (!!), errichtete Stacheldrahtzaun, von der NATO als Infanteriewaffe entwickelt, signalisiert mehr oder weniger: Wir wollen euch nicht, ihr seid Feinde.
Laut Viktor Orbán werde „das christliche Ungarn“durch diese „Horden“gefährdet, eine Begründung, die an Zeiten erinnert, die schon als überwunden gegolten haben. Auch die weitgehend gleichgeschalteten Medien heizen diese Stimmung an, wenn die Flüchtlinge pauschal mit Attributen wie Randalierer oder rabiate Unruhestifter diffamiert werden, die wieder in ihre Heimatländer vertrieben werden sollten. Offenkundiges Ziel ist ein flüchtlingsfreies Ungarn, da wird wohl auch die Mehrheitsentscheidung der EU-Innenminister nicht wirklich viel
Schreiben Sie uns! ändern. Ich denke, nicht nur durch diese inhumane Härte, die Helmut L. Müller (SN vom 18. 9. 2015) eindrucksvoll darlegt, auch durch seine Handlungen und Reden außerhalb der Flüchtlingsfrage kann Orbán getrost als Antieuropäer, als fragwürdiger Demokrat bezeichnet werden, dem wohl eine Art Putin-Modell vorschwebt. Offenbar fehlen der vorgeblichen Wertegemeinschaft Europäische Union die Mittel und der Mut, mehr als lahme Proteste vorzubringen, die Orbán locker ignorieren kann. Die Europäische Volkspartei (EVP) ist eine Fraktion christdemokratischer Parteien im EU-Parlament, der etwa die ÖVP, die CDU und andere angehören. Ein Mitglied ist auch die ungarische Regierungspartei Fidesz.
Da stellt sich für mich schon die Frage, wie die Politik dieser Partei mit christlichsozialen Werten vereinbar ist. Anstatt Orbáns Politik zu verharmlosen (SN-Interview mit Mitterlehner vom 19. 9. 2015) oder ihn gar wie CSU-Chef Seehofer zu hofieren, könnte der ÖVP-Parteiobmann die Initiative für einen längst fälligen Ausschluss von Fidesz ergreifen. Es wäre ein Akt wohltuender europäischer PolitHygiene. Erhard Sandner,