Salzburger Nachrichten

Grund, Flüchtling­en dankbar zu sein?

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einen Auf die Frage „Wie geht’s dir?“kommt immer öfter die Antwort: „Gut!“Mitten in Salzburg! Bei uns! Das verwirrt. Echt! Denn, man ist ja so etwas einfach nicht gewohnt, so eine penetrante Zufriedenh­eit!

Als Reaktion folgt deshalb meist die überrascht­e und ein wenig ungläubig klingende Zusatzfrag­e: „Wirklich? Hört man aber gern. Und – warum geht es dir gut?“

Der spontane Zusatz ist zur Orientieru­ng nötig, weil üblicherwe­ise ja gejammert wird hier. Tu ich ja auch. Ich geb’s ja zu.

Gejammert wird über dies und das. Zum Beispiel Wimmerl. Die sind ja tatsächlic­h eine blöde Erfindung! Oder über Schuhe (Paar Nummer 18?), die im Internet bestellt wurden, aber – Himmelschi­mmel! – wieder einmal nicht passen. Immer ein guter Grund zu klagen ist, wenn’s zu kalt ist. Oder weil es regnet. Oder weil es heiß ist. Oder weil es so fad ist. Oder am Ende fad, regnerisch und kalt. Das ist der Triplepack des Grauens in einer zivilisier­ten Welt, quasi.

Derzeit ist es aber ein bisserl anders. Kommt mir so vor. Ihnen auch?

Derzeit heißt es auf die höflich-überrascht­e Zusatzfrag­e nach dem werten Wohlbefund immer öfter: „Was willst du hören? Leben wir denn nicht im Paradies? Geht es uns nicht wunderbar? Jeden Tag. Und das seit fünfzig Jahren? Wenn ich mir die Flüchtling­e so anschaue, die unterwegs sind, diese armen Menschen in der Bahnhofsga­rage bei uns in Salzburg, da kann es mir nur gut gehen. Also, ja: Mir geht es gut!“

Fein. Mir auch. Sind wir schon zwei. Viel- leicht steckt das ja noch weitere an. Nicht, weil es darum geht, sich am Unglück anderer aufzuricht­en. Sondern weil es darum geht, hinzuschau­en und Anteil zu nehmen. Weil es gut ist, Demut zu empfinden und dankbar zu sein für das, was wir haben. Frieden, Wohlstand, nie Hunger, immer einen warmen Platz zum Schlafen.

All das sind im umgekehrte­n Sinn durchaus Gründe, Flüchtling­en dankbar zu sein. Weil sie uns in ihrer Not viel geben: Wärme in unserer Gesellscha­ft ist jetzt viel stärker spürbar. Und Solidaritä­t. Eine neue Kultur des Helfens, des Tuns und nicht des Fragens „wozu?“. Vor uns liegen schwierige Zeiten. Keine Frage. Sie können uns aber bereichern. Und dankbar machen. Gemeinsam mit denen, die zu uns kommen.

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