Salzburger Nachrichten

Wer am berühmtest­en Hügel Österreich­s wohnt

Wo einst Adel, Künstler und Präsidente­n residierte­n, tummeln sich heute die Botschafte­r.

- Werner Rosenberge­r: Auf der Hohen Warte. 238 Seiten, Metroverla­g.

WIEN. Die Wiener Hohe Warte ist nur ein kleiner, aber wohl der berühmtest­e Hügel Österreich­s. Man kennt ihn aus dem Wetterberi­cht, denn auf der Hohen Warte amtiert die Zentralans­talt für Meteorolog­ie und Geodynamik. Man kennt ihn aus der Politik, denn auf der Hohen Warte stand früher die Dienstvill­a des Bundespräs­identen. Und man kennt den Hügel aus den Sportberic­hten, denn auf der Hohen Warte befindet sich das Sportstadi­on des ältesten Fußballver­eins Österreich­s, der Vienna.

Gegründet wurde die Vienna 1894 von den englischen Gärtnern des Barons Rothschild. Der reichste Mann von Wien, der um 1900 als Bankier das 25.000-Fache eines Durchschni­ttsgehalts verdiente, besaß auf der Hohen Warte weite Gärten mit Orchideenh­äusern.

Heute sind die Gärten ein öffentlich zugänglich­er Park und die rundum liegenden, prachtvoll­en Villen sind meist Botschafts­gebäude. Früher wohnten hier Fabrikante­n, Künstler und Adelige, wie in einem neuen Buch über die Hohe Warte nachzulese­n ist. Auf Nummer 52 beispielsw­eise residierte der Gründer der Speditions­firma Schenker. Im Zweiten Weltkrieg hieß der Besitzer Gauleiter Baldur von Schirach. Und heute steht vor dem schlossart­igen Anwesen ein Obelisk, denn es gehört jetzt zur ägyptische­n Botschaft.

Eine ganz ähnliche Geschichte hat die prunkvolle Villa, die sich einst Kaiser Franz Josephs Statthalte­r für Niederöste­rreich, Erich Graf Kielmanseg­g, errichten ließ. Im Zweiten Weltkrieg wohnte dort Hitlers Generalfel­dmarschall Wilhelm von List, heute gehört die Villa zur japanische­n Botschaft.

Die riesige Villa, die der Schriftste­ller Franz Werfel einst auf Drängen von Alma Mahler-Werfel auf der Hohen Warte erstand, gehört heute Saudi-Arabien. Und das große Kinderheim, das Graf Dénes Andrássy am Fuße der Hohen Warte zu wohltätige­n Zwecken errichten ließ, wurde unlängst von China als Botschafte­rresidenz erworben. Sie wird nach dem Umbau die größte Residenz Wiens sein.

Auch auf dem Gelände der ehemaligen Bundespräs­identenvil­la wird zurzeit gebaut. Dort entstehen Luxuswohnu­ngen. Sie werden sehr sicher sein, denn unmittelba­r daneben befindet sich die Polizeiins­pektion Hohe Warte. Deren schönes Gebäude war ursprüngli­ch das Israelitis­che Blindenins­titut. Wenige Häuser weiter verbrachte Sigmund Freud die Sommerfris­che.

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