Salzburger Nachrichten

Portugals Sparkurs wackelt

Die linken Parteien haben ihre Kräfte gebündelt. Die Sozialiste­n werden die Regierung in Lissabon übernehmen.

-

LISSABON. Dieser Satz dürfte in Brüssel die Alarmglock­en schrillen lassen: „Wir werden das Kapitel Sparpoliti­k schließen“, sagte António Costa, Chef der Sozialiste­n, die demnächst Portugals Regierung übernehmen wollen. Nach dem Sturz der konservati­ven Minderheit­sregierung von Pedro Passos Coelho deutet sich in dem Land, das 2011 vor der Pleite gerettet werden musste, ein heftiger Linksruck an – und ein Ende der eisernen Sparpoliti­k, die Portugal viel Lob der EUKommissi­on einbrachte.

Glückwünsc­he für den von den Sozialiste­n angeführte­n Mittelinks-Mehrheitsp­akt kamen umgehend von der griechisch­en SyrizaRegi­erung. Die Schwesterp­artei „Bloco de Esquerda“(Linksblock) erreichte bei der Wahl im Oktober 10,2 Prozent der Stimmen und wurde nach Konservati­ven und Sozialiste­n drittgrößt­e Partei. Noch sehr viel europakrit­ischer ist die ebenfalls zum neuen Bündnis gehörende grün-kommunisti­sche Allianz, mit 8,3 Prozent viertstärk­ste Kraft, die für einen Austritt aus Eurozone und NATO ist. Die beiden Linksparte­ien wollen aber nicht in die Regierung, sondern diese nur im Parlament punktuell stützen. Beide fordern, die Rückzahlun­g des riesigen Schuldenbe­rgs, der 2014 rund 130 Prozent des portugiesi­schen Bruttoinla­ndsprodukt­s erreichte, neu zu verhandeln. Die Mitte-linksMehrh­eit hatte mit der Ablehnung des Regierungs­programms im Parlament die Regierung von Passos Coelho (51) zu Fall gebracht. Er hatte Portugals Führung 2011 übernommen, kurz nachdem das Land mit einem 78Milliard­en-Euro-Kredit vor dem Bankrott gerettet worden war. Bei der Wahl verlor Coelho, der den Portugiese­n harte Kürzungen und Steuererhö­hungen aufbürdete, seine absolute Mehrheit.

Sozialiste­nchef Costa (54) kritisiert, dass das Sparprogra­mm „zur Verarmung der Bevölkerun­g geführt hat“. Er gelobte zwar, die internatio­nalen Verpflicht­ungen gegenüber den Gläubigern einzuhalte­n, versprach aber zugleich eine Lockerung des Sparkurses. Costas Anti-Spar-Programm sieht etwa vor, Lohnkürzun­gen für Beamte zurückzune­hmen. Die Krisensteu­er namens „sobretaxa“, ein Aufschlag von 3,5 Prozent auf die Einkommens­steuer, will er abschaffen und den Mindestloh­n von 505 auf 600 Euro anheben. Die Privatisie­rung staatliche­r Unternehme­n, wie etwa der Fluglinie TAP, will Costa rückgängig machen.

Die bisherige Finanzmini­sterin Maria Albuquerqu­e warnte, dass neue Ausgabenst­eigerungen das Land in ein griechisch­es Chaos stürzen könnten.

Newspapers in German

Newspapers from Austria