Das österreichische Loch Ness
Die Regierung streitet über die Bildungsreform. Das tut sie bereits seit mehr als 40 Jahren. Ein unhaltbarer Zustand.
Was haben das Ungeheuer von Loch Ness und die Bildungsreform in Österreich gemeinsam? Die Antwort ist einfach: Alle reden davon, aber niemand glaubt daran, dass es sie wirklich gibt.
Nur ist es ja so, dass das beim Ungeheuer von Loch Ness egal ist, ob es existiert, bei der Bildungsreform ist es das aber sicher nicht. Denn der Wohlstand eines Landes und auch der persönliche Wohlstand hängen in wesentlichen Teilen davon ab, wie gut die Menschen ausgebildet sind. Ohne gut ausgebildete Arbeitskräfte keine florierende Wirtschaft und, das sollte man auch nicht vergessen, ohne gebildete und aufgeklärte Menschen auch keine gut funktionierende Demokratie.
Seit Jahrzehnten verhandeln Sozialdemokraten und Christlichsoziale in diesem Land über eine Neuorganisation des Bildungssystems. Und so drängt seit den 1970er-Jahren die SPÖ auf eine gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen. Mit dieser Forderung konnte sie sich bisher nicht durchsetzen. Die ÖVP will weiterhin das achtjährige Gymnasium behalten. Mehr als 40 Jahre dauert die Diskussion nun bereits an. Wobei nicht nur die Politik in dieser Frage gespalten ist, sondern auch die Bevölkerung.
Bei anderen Themen ist es genauso. Die Reform der Schulverwaltung ist ebenso ein ewiges Thema wie die Diskussion, ob Latein überhaupt noch verpflichtend unterrichtet werden soll. Ob die Schule den ganzen Tag dauern soll, ist ebenso umstritten wie die Frage, wie lange die Lehrerinnen und Lehrer in der Klasse stehen sollen. Österreichs Schulsystem ist eine riesige Baustelle und wird es auch in Zukunft bleiben.
Weil viel grundlegendere Fragen nicht gelöst werden können, doktert die Politik am bestehenden System herum. Und so gibt es eine Zentralmatura, bei der alle das gleiche Leistungsniveau haben sollen und durch die die Ergebnisse der Reifeprüfung besser verglichen werden können. Gleichzeitig erhalten die Schulen mehr Autonomie, um Lehrinhalte selbst bestimmen zu können. Beides legitime Ansinnen, aber so richtig zusammenpassen tut das natürlich nicht. Und die Umstellung der Hauptschulen auf Neue Mittelschulen hat, so die ersten Überprüfungen, für die Schüler auch nicht viel gebracht.
Wie es aussieht, wird die Bildungsreform, die kommende Woche präsentiert werden soll, an diesem Zustand nichts ändern. Die Politik wird in dieser Frage weiterwursteln. Ausbaden werden das die Kinder, denen viele Chancen vorenthalten werden.
ALFRED.PFEIFFENBERGER@SALZBURG.COM