Auch Schweden kontrolliert
Schweden hat am Donnerstag befristete Grenzkontrollen eingeführt. Das bislang flüchtlingsfreundlichste Land Europas sieht sich mit der Zahl von Asylbewerbern überfordert.
Schweden hat bisher europaweit mit großem Abstand am meisten Flüchtlinge, gemessen an der Einwohnerzahl, aufgenommen. Heuer rechnet das Land mit 190.000 Flüchtlingen. Doch nun folgt es in der Verschärfung seiner Asylpolitik zunehmend anderen Ländern.
Seit Donnerstagmittag müssen Reisende bei der Passage von Dänemark und Deutschland nach Schweden wieder ihre Pässe vorzeigen können. Die Kontrollen sollen nur stichprobenhaft durchgeführt werden. Der Effekt der Grenzkontrollen auf die Lage in Dänemark und Deutschland wird vom tatsächlichen Umfang der Kontrollen abhängen.
Betroffen sind Zug- und Autoverbindungen der dänisch-schwedischen Öresundbrücke. Auch die Fährverbindungen von Deutschland und Dänemark nach Südschweden, etwa nach Trelleborg und Helsingborg, wurden kontrolliert.
„Geordnete Regeln an den Grenzen zu haben bedeutet nicht, die Grenzen zu schließen“, sagte Gustav Fridolin, Chef der mitregierenden und betont einwanderungsfreundlichen Grünen, am Donnerstag. Schwedens Innenminister Anders Ygeman kündigte aber an, dass eine Reise durch Schweden nach Finnland und Norwegen nicht mehr möglich sei. Entweder die Flüchtlinge beantragten an Schwedens Grenze Asyl – oder sie müssten zurück nach Dänemark oder Deutschland, sagte er. Abgelehnte Transitflüchtlinge werden bis zu ihrer Zwangsrückkehr nach Deutschland oder Dänemark in polizeilichen Gewahrsam genommen. Diejenigen, die in Schweden Asyl beantragen wollen, werden nach der Erfassung an der Grenze direkt mit Bussen zu Migrationsbehörden gefahren. Züge mit vielen Flüchtlingen können an südschwedischen Bahnhöfen angehalten werden. Dort müssen die Flüchtlinge zwecks Personenkontrollen und Busfahrt zu Asylbewerberstellen aussteigen, sagte Grenzpolizeichef Michael Mattson.
Die Kontrollen sind offiziell auf zehn Tage befristet. Vermutlich werden sie länger gelten. Die Polizei sei auf sechs Monate vorbereitet, hieß es auf einer Pressekonferenz am Donnerstag. „Nun sind es zehn Tage, danach können wir um 20 weitere Tage verlängern. Aber wenn das irgendeinen Effekt haben soll, muss es sie eine längere Zeit geben“, sagte der Chef der Migrationsbehörde, Anders Danielsson.
Laut Schengenabkommen darf Schweden die Grenzkontrollen alle 30 Tage wieder verlängern, wenn es eine „Bedrohung der allgemeinen Ordnung“ausmacht. Die Kontrolle diene auch dazu, Flüchtlinge ohne Asylgrund schneller abzuschieben und zu verhindern, dass einige wie bisher einfach in die Illegalität verschwinden, sagte Danielsson. Es gehe um mehr Überblick.
Dass es letztlich darum geht, den Flüchtlingsstrom nach Schweden zu verlangsamen und zu reduzieren, wollten weder Innenministerium noch Migrationsbehörde direkt zugeben. Zuletzt mussten Asylbewerber in Schweden teils auf Matratzen in den Korridoren von Migrationsämtern schlafen. Zudem wurden, trotz des anbrechenden schwedischen Winters, Zeltplätze errichtet. Zuletzt hieß es, Schweden könne keine Unterkünfte mehr garantieren. Asylbewerber sollten deshalb lieber in Deutschland bleiben. Die norddeutschen Regionen bereiten sich derzeit darauf vor, dass möglicherweise mehr Flüchtlinge bei ihnen stranden werden.