Rechtsum in Polen
Die neue Regierung besteht aus nationalen Hardlinern.
Eigentlich wäre sie in Malta gewesen, hätte auf dem EUAfrika-Gipfel mit den Staats- und Regierungschefs über Flüchtlingspolitik verhandelt. Stattdessen fand sich Ewa Kopacz, gerade einmal ein Jahr lang Regierungschefin, im Parlament in Warschau und trat mit ihrer liberalen Regierung zurück.
Seit der Wahl vor zweieinhalb Wochen steht eine andere Frau im Vordergrund: Beata Szydlo (gesprochen: Schiduo), Tochter eines Bergmanns, wird das Amt der Ministerpräsidentin übernehmen. Sie steht einer nationalkonservativen Regierung vor, in der Hardliner dominieren. Dass die 52-Jährige wenig zu sagen hat, zeigte sich bereits im Vorfeld. Nach der Wahl brach die zweifache Mutter in ihren Heimatort in der Nähe von Auschwitz auf. Urlaub. Die Gespräche über die Ministerauswahl überließ sie Jaroslaw Kaczynski, dem ewig zürnenden Chef der Partei „Recht und Gerechtigkeit“(PiS). Sie wird künftig mit der absoluten Mehrheit von 235 von 460 Sitzen im Sejm regieren. Hatte sich Szydlo noch Anfang Oktober vehement dagegen ausgesprochen, Antoni Macierewicz (polnische Karikaturisten stellen ihn gern als desorientierten Kosmonauten im Weltall dar) zum Verteidigungsminister zu machen, sagt sie nun: „Er überzeugte durch seine Qualifikationen.“ Der 67-Jährige sieht Polen spätestens seit dem Flugzeugabsturz bei Smolensk, bei dem der damalige Präsident Lech Kaczynski und ein großer Teil der Politik-Elite starben, im Krieg mit Russland. Immer wieder poltert er, die Armee solle das Land vor Feinden, Spionen, Saboteuren und Verschwörern verteidigen. Er ist nicht die einzige umstrittene Figur in der nun vereidigten Regierung.
Als Zbigniew Ziobro von 2005 bis 2007 an der Spitze des Justizministeriums stand, hatte er ein Spitzelsystem mit Abhöraktionen gegen Journalisten und selbst gegen eigene Regierungsmitglieder installiert. Vor Gericht kam er nie. Von nun an ist er wieder Justizminister.
Mariusz Kaminski, neuer Geheimdienstkoordinator, wurde kurz vor der Parlamentswahl zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Der Vorwurf: Amtsmissbrauch als Chef der polnischen Antikorruptionsbehörde. Da der 50-Jährige in Berufung ging, ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.
Und Witold Waszczykowski, der neue Außenminister, will vor allem ein „ernstes Wort“mit Deutschland reden, es müssten „einige Korrekturen“vorgenommen werden. Die russisch-ukrainischen Verhandlungen müssten um Polen erweitert werden. Die Priorität für ihn sei eindeutig: „Wir müssen unsere nationalen Interessen stärker verteidigen.“
„Wir müssen unsere nationalen Interessen stärker verteidigen.“