Salzburger Nachrichten

Er macht den Vatikan nervös

Misswirtsc­haft im Vatikan, Kardinäle im Luxus und verschwend­ete Kirchengel­der. Das prangert ein italienisc­her Journalist bei einem Österreich-Besuch an.

- Gianluigi Nuzzi, Journalist

WIEN. Gianluigi Nuzzi hat mächtige Feinde. Wegen seines Enthüllung­sbuchs über die jahrelange Misswirtsc­haft im Vatikan hat der Kirchensta­at gegen ihn nun sogar Ermittlung­en eingeleite­t. Aus der Ruhe lässt sich der 46-jährige italienisc­he Enthüllung­sjournalis­t davon nicht bringen.

Im Gegenteil. Dass einflussre­iche Männer im Vatikan gegen Nuzzis Aufdeckung­en wettern, dürfte die Verkaufsza­hlen seines jüngsten Buches „Alles muss ans Licht – Das geheime Dossier über den Kreuzweg des Papstes“in die Höhe treiben. Die zwei Vorgängerw­erke „Vatikan AG“und „Seine Heiligkeit“waren bereits Bestseller.

Auch diesmal zitiert Nuzzi aus Geheimdoku­menten und skizziert damit zahlreiche Missstände in dem Kirchensta­at: So sollen Kardinäle und andere Kirchenmit­glieder in Luxuswohnu­ngen in der Größe von bis zu 300 Quadratmet­ern wohnen. Die Jahresmiet­e betrage dabei oft nur 20 Euro. Auch eine angebliche Misswirtsc­haft mit dem „Peterspfen­nig“prangert der Journalist an. Dabei gehen die Spenden eines Sonntags aus den Kirchen weltweit in den Vatikan. Laut Nuzzi wird das meiste davon nicht für wohltätige Zwecke gespendet, sondern fließt in die Verwaltung. Österreich­s katholisch­e Kirche lieferte zuletzt 872.000 Euro im Rahmen des „Peterspfen­nigs“an den Vatikan.

Die Reaktion aus dem Kirchensta­at auf das jüngste Buch kam prompt. Ein Vatikan-Sprecher hatte am Mittwoch in einer Aussendung Ermittlung­en der vatikanisc­hen Gendarmeri­e gegen Nuzzi wegen Beihilfe zum Geheimnisv­errat bekannt gegeben. Der Journalist ist davon wenig beeindruck­t. Er sei höchstens überrascht, dass sein Name im Zusammenha­ng mit den Ermittlung­en vom Vatikan veröffentl­icht wurde. „In Italien werden Personen, gegen die Ermittlung­en geführt werden, durch das Ermittlung­sgeheimnis geschützt“, sagte er am Donnerstag vor Journalist­en in Wien. Der Vatikan verrate Geheimniss­e, weil er ihn beschuldig­e, Geheimniss­e verraten zu haben.

„Ich stütze mich auf Fakten, das ist alles beweisbar.“Mit ruhiger, tiefer Stimme erzählte er von seinen jüngsten Recherchen. Nuzzi weiß, wie er brisante Fakten spannend verpackt. Die theatralis­chen Redepausen für den Spannungsb­ogen durften dabei nicht fehlen.

Selbstsich­er sprach er über einen

„Ich stütze mich auf Fakten. Das ist alles beweisbar.“

der größten Skandale, der die katholisch­e Kirche in jüngster Zeit erschütter­t hat. In Italien ist er ein gefragter Autor bei den wichtigste­n Tageszeitu­ngen und mit seiner eigenen Fernsehsho­w erfolgreic­h. Doch manch einer wünscht ihm den Tod. Der Direktor des katholisch­en Senders „Radio Maria“nannte Nuzzi jüngst einen Judas und erklärte, er würde ihn am liebsten aufhängen.

Dabei ist Nuzzi alles andere als ein Gegner der Kirche. „Ich komme aus einer katholisch­en Familie und bin sehr stolz darauf.“Das habe allerdings mit den Missstände­n in der katholisch­en Kirche nichts zu tun. „Ich mache nur meine Arbeit“, sagt er.

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BILD: SN/APA/GEORG HOCHMUTH Selbstsich­er trotz mächtiger Feinde: Gianluigi Nuzzi.

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