Salzburger Nachrichten

Flüchtling­e bringen mehr Wohlstand

Durch die Zuwanderun­g entstehen zuerst Kosten – dann steigt der Wohlstand, sagen Experten.

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WIEN, BERLIN. Der Zuzug von Flüchtling­en wird Österreich­s Volkswirts­chaft so wie in Deutschlan­d anfangs Geld kosten. In der Folge wird aber die Wirtschaft­skraft steigen – und auch der Wohlstand der einzelnen Bürger. Das hält der stellvertr­etende Wifo-Chef und Konjunktur­forscher Marcus Scheibleck­er für realistisc­h.

Anders gesagt: Asylsuchen­de hätten gute Chancen, die Pro-KopfEinkom­men der Österreich­er positiv zu beeinfluss­en. Scheibleck­er bezieht sich auf eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW). Diese sei inhaltlich auch auf Österreich anzuwenden, sagt der Wifo-Experte.

Mehr als die Hälfte der Asylsuchen­den sei unter 35 Jahre alt und junge Männer überwiegen zahlenmäßi­g. „Viele der Neuankömml­inge sind natürlich arm und sprechen nicht Deutsch. Das ist die eine Seite“, sagt Scheibleck­er. Anderersei­ts werde unter „einheimisc­hen“Österreich­ern die Gruppe der unter 50-Jährigen immer kleiner, aber die der Pensionsbe­rechtigten immer größer. „Und die Zahlen der Statistik Austria legen nahe, dass das durch interne Mechanisme­n nur noch schwer ausgeglich­en werden kann.“Der Anteil der potenziell­en Arbeitskrä­fte unter den Flüchtling­en sei aber außerorden­tlich hoch, 70 bis 75 Prozent von ihnen befinden sich im erwerbsfäh­igen Alter. Dagegen würden fast keine Senioren den Weg nach Europa antreten.

Das DIW bezeichnet die Integratio­n von Flüchtling­en als „langfristi­g lohnende Investitio­n“. In einem optimistis­chen Rechenmode­ll gewinnt die deutsche Volkswirts­chaft schon ab 2018 zusätzlich­e Kraft aus der Flüchtling­swelle. In rund 15 Jahren wäre ein um 1,4 Prozent höheres Bruttoinla­ndsprodukt als im Szenario ohne Flüchtling­e zu erwarten.

Für die Bürger käme es ab dem Jahr 2020 zu Wohlstands­gewinnen, die das DIW ab 2030 mit rund einem Prozent beziffert. Im am stärksten negativen Szenario gibt es keine Wohlstands­gewinne, aber auch keine Verluste. Und die Wirtschaft würde durch die Ausgaben im Zuge der Flüchtling­skrise um 0,4 Prozent wachsen.

Zuvor aber treten finanziell­e Verluste ein: Zwischen fünf und zwölf Jahre lang kosten die Flüchtling­e Staat und Gesellscha­ft mehr, als sie bringen. Weil sie arbeitslos sind, auf Unterstütz­ungen angewiesen, Deutsch lernen müssen. 2016 könnten hier Kosten in Höhe von 1,4 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s anfallen – das wären in Deutschlan­d 42 Mrd. Euro, in Österreich mit 4,6 Mrd. Euro rund ein Zehntel davon.

„Es kommen viele Männer unter 35.“

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Wifo
Marcus Scheibleck­er, Wifo

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