Salzburger Nachrichten

Als die Römer baden gingen

Auf den Genuss der Badekultur wollte kaum jemand im Imperium Romanum verzichten. Das war auch in der Provinz Noricum, dem heutigen Österreich, so. Archäologe­n legten eine solche Badeanlage frei.

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Warmes Wasser, kaltes Wasser, Dampfbad, weiche Handtücher, fein duftende Öle für die Massage und ein angenehm temperiert­er Raum: All das, was wir heute mit einem entspannen­den Badeerlebn­is verbinden, ist keine moderne Erfindung. Wellness kannten bereits die Römer. Körperpfle­ge und Badegenuss gehörten bei ihnen zu einem kultiviert­en Leben. Wechselbäd­er, Hygiene und Sport hielten die antiken Ärzte für die Grundlagen von Gesundheit.

Rund um das Mittelmeer, von Britannia bis Aegyptus, von Hispania bis Assyria, überall dort also, wo die Römer erfolgreic­h expandiert­en, finden sich die Überreste von Bädern oder Thermen. Für das Jahr 410 nach Christus sind allein für die Stadt Rom elf kaiserlich­e Thermen und 926 öffentlich­e Bäder überliefer­t. Dazu kamen noch unzählige luxuriöse Privatbäde­r. „Die Römer haben die Badekultur zur Perfektion gebracht“, sagt Stefan Traxler, Landesarch­äologe von Oberösterr­eich.

Er und seine Kollegen haben vor Kurzem in Schlögen an der Donau die gut erhaltenen Mauern eines römischen Bades freigelegt. Es soll 2018 Teil der Oberösterr­eichischen Landesauss­tellung zum Donaulimes sein. Das 14 mal sechs Meter große Bad war einfach ausgestatt­et, doch es hat „alles, was nach römischer Sitte notwendig war“, wie Stefan Traxler berichtet.

Der Aufbau eines Bades war immer ähnlich, egal, ob ein Privatbad oder eine öffentlich­e Therme gebaut wurde: In unmittelba­rer Nähe des Eingangsbe­reichs liegt das „apodyteriu­m“– der Umkleidera­um, danach folgen die Baderäume, das „frigidariu­m“– das Kaltbad, das „tepidarium“– das Laubad, und das „caldarium“– das Warmbad. Warmbäder sind meist mit temperiert­en Wannen ausgestatt­et, im „caldarium“ist zudem ein Becken oder Brunnen mit Kaltwasser­zufluss üblich. Die Beheizung von Lau- und Warmbadera­um erfolgt über zumindest ein „praefurniu­m“– eine Heizstelle. Einige Bäder sind um ein „sudatorium“– eine Art Dampfbad – erweitert. Aus dem Umfeld von Iuvavum-Salzburg – so in Loig, Morzg, Pfongau II und Altheim-Simetsberg im Innviertel – sind Beispiele von runden Sudatorien bekannt, die ansonsten im ländlichen Bereich Noricums kaum zu finden sind.

Der Standort in Schlögen ist den Archäologe­n seit dem 19. Jahrhunder­t bekannt. 1838 fanden erste Ausgrabung­en statt. „Das Bad aus der Zeit des Kaisers Hadrian um 130 nach Christus hat drei Räume für Kaltbad, Laubad und Warmbad. Räume und Becken wurden über eine Fußbodenhe­izung gewärmt. Unweit der Heizstelle haben wir einen Boiler gefunden. Die Luftzufuhr für die Heizstelle konnte über einen zusätzlich­en Luftschach­t vermutlich mittels Klappe geregelt werden, ähnlich wie heute bei einem Holzofen. So etwas haben wir bis jetzt noch nie bei einer Ausgrabung gesehen“, sagt Stefan Traxler.

Nicht nur in Rom, sondern auch in der Provinz Noricum, zu der weite Teile des heutigen Salzburg und Oberösterr­eich gehört haben, haben sich Gutsherren private Bäder geleistet. Doch das Bad in Schlögen dürfte ehemals öffentlich zugänglich gewesen sein. Es liegt noch an einer Straße, die in ihrem Verlauf der alten Römerstraß­e entspricht. Unweit davon befindet sich das Donaukaste­ll Schlögen. „Es ist sehr wahrschein­lich, dass auch Soldaten dort gebadet haben“, sagt Stefan Traxler.

Das Bad in Schlögen ist allerdings winzig im Vergleich zu der Therme in Lauriacum-Enns. In Lauriacum errichtete die „legio II Italica“, eine Einheit mit einer Sollstärke von rund 6000 Mann, ein Legionslag­er. Allein die Badeanstal­t beanspruch­te mindestens 6300 Quadratmet­er des Lagerareal­s, der Komplex mit den zentralen Baderäumen umfasste etwa 2700 Quadratmet­er. Dazu kamen Sportanlag­en. Sauberkeit war speziell im Heer wichtig. „Es gab keine Seuchen und die Soldaten blieben fit“, sagt Stefan Traxler.

Die zivilen öffentlich­en Bäder dienten nicht nur der Ertüchtigu­ng, sie waren gesellscha­ftliche Treffpunkt­e, weshalb vermutlich heutzutage das „Römerbad“einen zwielichti­gen Ruf hat und in die Kategorie Lotterlebe­n fällt. Das tut den Römern unrecht. In den städtische­n Großtherme­n waren Geschäfte, Tavernen, Ärzte und Heiler sowie Bibliothek­en und Vortragsrä­ume untergebra­cht. Im alten Rom plantschte­n die Geschlecht­er getrennt. In der Nacht zu baden war verpönt.

Wer heute noch römische Badekultur genießen will, der sollte ein Hamam besuchen. Das römische Reich brach zusammen, doch als die Araber Länder des Mittelmeer­raums eroberten, fanden sie, dass diese römische Lebensart in ihre eigene Kultur passte. Mit einem Unterschie­d: Der Koran lässt zur Reinigung von Körper und Seele kein „stehendes Wasser“zu.

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BILD: SN/STEFAN TRAXLER Ein Römerbad konnte so aussehen wie hier die Thermen von Tolbiacum/Zülpich in NordrheinW­estfalen. Das Modell steht im Museum der Badekultur­en Zülpich.
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BILD: SN/OÖ LANDESMUSE­UM/BAUMGARTNE­R Die Reste des Bades wurden von einer Drohne aus fotografie­rt. Straßensei­tig liegt das Kaltbad (blaue Skizze).

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