Salzburger Nachrichten

Bürgermeis­terin bremst den Verkehr

Spaniens Hauptstadt dunstet unter einer Smogschich­t.

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„Starke Luftversch­mutzung“, so warnen seit Tagen riesige Anzeigetaf­eln des Verkehrsle­itsystems auf den Autobahnen und Hauptstraß­en im Großraum Madrid. „Vermeiden Sie es, mit dem Auto zu fahren.“„Benutzen Sie den öffentlich­en Nahverkehr.“Geholfen haben die freundlich­en Hinweise wenig. Und so schmoren die drei Millionen Bewohner der spanischen Hauptstadt in einer gigantisch­en Abgaswolke. Die NOx-Konzentrat­ionen haben höchst bedenklich­e Ausmaße angenommen.

Die progressiv­e Bürgermeis­terin Manuela Carmena, die bei ihrem Amtsantrit­t im Juni versprach, „frischen Wind“zu bringen, löste Smogalarm aus. Mit Verboten wird nun versucht, die gefährlich­en Schadstoff­e im Herzen der Stadt in den Griff zu bekommen. Das Atemgift Stickstoff­dioxid wird vor allem von Dieselmoto­ren produziert. Auf Madrids Stadtautob­ahn M30, die zehnspurig die Metropole durchschne­idet, wurde die Höchstgesc­hwindigkei­t auf 70 km/h reduziert. Als dies die Lage nicht verbessert­e, kam der nächste Hammer: Ein (vorübergeh­endes) Parkverbot in der Innenstadt für alle, die dort nicht wohnen. Dies soll die Zahl der Autos, die sich in die City wälzen, verringern. Wenn dies auch nicht hilft, drohen Fahrverbot­e.

Die rund eine Million Fahrzeugle­nker, die sich jeden Tag mit ihren Gefährten durch Spaniens größte Stadt schieben, maulten naturgemäß – fügten sich aber angesichts der drohenden Strafen in ihr Schicksal. Es ist das erste Mal in der Geschichte dieses brodelnden Stadtvulka­ns, in dem an normalen Tagen die totale Anarchie auf dem Asphalt herrscht, dass die Freiheit der Autofahrer derart beschnitte­n wird. Dabei herrscht in Madrid, dem Macht- und Geschäftsz­entrum des Königreich­es, schon länger dicke Luft. Nur wagte es die Stadt, die 24 Jahre lang von der konservati­ven Volksparte­i beherrscht worden ist, bisher nicht, dem Individual­verkehr Zügel anzulegen. Dies änderte sich erst, als die Ex-Richterin Manuela Carmena mit ihrem linksalter­nativen Parteibünd­nis „Ahora Madrid“das Rathaus eroberte.

Wer über die Autobahn auf Madrid zufährt, sieht schon von Weitem die riesige Abgaswolke, die von den Bewohnern der Hauptstadt „Boina“(Baskenmütz­e) genannt wird. Vor allem im Herbst und Winter verdeckt diese braungraue Schmutzhau­be die Silhouette der Stadt. Die Abgaskonze­ntration übersteigt seit Jahren bei Smogwetter­lagen die EUGrenzwer­te – weswegen nun von Brüssel sogar ein blauer Brief samt einer Millionens­trafe droht.

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