Schnalzen lässt Blinde mit den Ohren sehen
Wohltätigkeitsvereine machen möglich, dass ein erfolgreiches Projekt fortgesetzt werden kann.
Ein Schnalzer mit der Zunge, ein Moment der Besinnung – und Juan Ruiz, von Geburt an blind, marschiert zielstrebig durch den mit Tischen und Sesseln vollgestellten Raum. Selbstverständlich streift er nirgendwo an. Das Echo auf sein Schnalzen hat ihm alles gesagt. Der gebürtige Mexikaner ist so etwas wie der Star des Bundesblindeninstituts (BBI). Jedenfalls ist er der Star vieler blinder Kinder in Österreich, denen er beigebracht hat, mit den Ohren zu sehen.
„Klick-Sonar“nennt sich die Methode, mittels der das Echo auf das Schnalzen geortet und im Kopf in dreidimensionale Bilder umgesetzt wird. Blinde, die sie beherrschen – wofür es Anleitung, Übung und Erfahrung, aber kein technisches Hilfsmittel braucht –, finden sich auch an neuen Orten gut zurecht. Sie können den Klang von Ecken und Kanten, von Büschen und Bäumen, von Türen und Fenstern interpretieren. Das erweitert die Wahrnehmungsmöglichkeiten enorm, macht neugierig auf die Welt – und unabhängig. Es sei ein gutes Gefühl, sagt Ruiz, nicht mehr warten zu müssen, dass jemand kommt und einem hilft.
Fast wäre es mit seinem Engagement in Österreich auch schon wieder vorbei gewesen. Das Unterrichtsministerium hatte die Unterstützung des BBI-Projekts, blinde Kinder die Orientierung per Zungenschnalzen zu lehren, auf zwei Jahre begrenzt. Die sind vorbei. Dabei „gibt es noch so viel zu tun“, wie Eva Hannemann vom BBI sagt. Umso erleichterter ist sie, dass der auf Kinderhilfe spezialisierte Wohltätigkeitsverein Kiwanis Wien sowie die Wiener Lions-Clubs Belvedere und Vindobona eingesprungen sind. Ruiz kann weitermachen.
Mehr als 100 blinde und sehbehinderte Kinder hat er bisher hier geschult. Manche sind schon sehr gut. Beim BBI hofft man, dass sich die Geschichte von Ruiz wiederholt. Einst war er „Klick-Sonar“-Schüler des blinden Amerikaners Daniel Kish. Heute ist er weltweit gefragter Trainer. In Österreich gäbe es einige blinde junge Leute, die das Zeug hätten, in Ruiz’ Fußstapfen zu treten, sagt Hannemann.