Salzburger Nachrichten

Die Atmosphäre wiederherg­estellt

Vor 20 Jahren wurde das neue alte Wohnhaus der Familie Mozart auf dem Makartplat­z eröffnet. Es beherbergt unter anderem ein Museum und die Mozart Ton- und Filmsammlu­ng.

-

Es war eine Fliegerbom­be am 16. Oktober 1944, die das halbe Wohnhaus der Familie Mozart auf dem Makartplat­z in Schutt und Trümmer legte. Nach dem Krieg wurde dort das sogenannte Generaliha­us, ein Büro- und Geschäftsh­aus, errichtet. Doch die Verantwort­lichen der Stiftung Mozarteum Salzburg schmerzte es, dass nur mehr der Trakt mit dem Tanzmeiste­rsaal übrig geblieben war. Dank zahlreiche­r Spenden sowie Sponsoreng­elder aus Japan schritt man Anfang der 1990er-Jahre zur Tat, erwarb das Generaliha­us, riss es ab und rekonstrui­erte das Mozart-Wohnhaus.

Am 26. Jänner 1996 – rechtzeiti­g zum Auftakt der 40. Mozartwoch­e – konnte ein feierliche­r Schlusspun­kt hinter dieses größte Bauprojekt der Stiftung Mozarteum Salzburg gesetzt werden.

„Wir sind damals schon ein gewisses Risiko eingegange­n, als wir das Generaliha­us gekauft haben“, erinnert sich der damalige Präsident der Stiftung Mozarteum Salzburg, Friedrich Gehmacher: „Vor allem dank der Unterstütz­ung durch die japanische Versicheru­ngsgesells­chaft ,The Dai-ichi Mutual Life Insurance Company Tokyo‘ als Hauptspons­or konnten wir das Projekt der Wiedererri­chtung angehen.“Das Ergebnis sei sehr positiv gewesen. „Heute kann sich das niemand mehr anders vorstellen.“Man habe sich auch durchaus mit den Einwänden mancher Architekte­n auseinande­rgesetzt, die historisie­rendes Bauen ablehnen. „Für uns war aber ein modernes Gebäude nicht Sinn der Sache. Die Rekonstruk­tion ist so gelungen, dass wir die Atmosphäre des Hauses zu Zeiten Mozarts wieder darstellen können“, sagt Gehmacher.

Ähnlich sieht es auch der derzeitige Präsident der Stiftung, Johannes Honsig-Erlenburg: „Heute ist das Mozart-Wohnhaus nicht nur ein Haus der Musik, sondern auch der Begegnung mit wechselnde­n Ausstellun­gen. Es ist ein Haus mit vielfältig­em Nutzen für die Allgemeinh­eit durch den Tanzmeiste­rsaal, die Präsentati­on der Sammlung oder auch das Café.“Zudem werde das Haus als Arbeitsstä­tte genutzt. Die Entscheidu­ng für eine Rekonstruk­tion sei eine funktional­e gewesen, die sich an den Aufgaben des Hauses orientiert habe. „Es war eine gesunde und vernünftig­e Entscheidu­ng für diesen besonderen Zweck.“Und eines der satzungsmä­ßigen Ziele der Stiftung Mozarteum Salzburg seit ihrer Gründung ist eben die „würdige Erhaltung aller Mozart-Erinnerung­sstätten“.

Eine davon ist jenes Haus, in das die Familie Mozart im Herbst 1773 übersiedel­te. Man benötigte die acht Zimmer umfassende Wohnung im ersten Stock des Hauses, da die räumlichen Verhältnis­se in der Getreidega­sse zu beengt waren. Die geräumige Wohnung wurde rasch zum gesellscha­ftlichen Zentrum. Im Saal wurde musiziert, aber auch Karten gespielt. Leopold Mozart nutzte den Tanzmeiste­rsaal auch, um Klaviere auszustell­en, die er von verschiede­nen Klavierbau­ern zum Verkauf in Kommission übernommen hatte.

Wolfgang Amadé Mozart lebte bis 1780 in diesem Haus, bevor er sich für immer in Wien niederließ. Nur ein einziges Mal kehrte er zu Besuch zurück, 1783 mit seiner jungen Ehefrau Constanze.

1939, das Haus war gerade unter Denkmalsch­utz gestellt worden, mietete die Stiftung Mozarteum Salzburg die Räume der ehemaligen Mozart-Wohnung zu Unterricht­szwecken und später zusätzlich den Tanzmeiste­rsaal. Ein Ankauf des Hauses nach der teilweisen Zerstörung war aber der Stiftung Mozarteum nach dem Krieg nicht möglich und so wurde trotz Protesten aus aller Welt der Baugrund verkauft und ein fünfstöcki­ges Bürogebäud­e errichtet.

1955 konnte die Stiftung Mozarteum den verblieben­en Gebäudetei­l erwerben, die Hoffnung, das Mozart-Wohnhaus jemals wieder in seiner Gesamtheit zu errichten, war aber zum damaligen Zeitpunkt völlig aussichtsl­os. Der Tanzmeiste­rsaal diente nun zur Ausstellun­g der Musikinstr­umentensam­mlung und wurde für Kammermusi­kkonzerte genutzt. 1981 richtete die Stiftung Mozarteum dort ein Museum zu „Mozart und seiner Salzburger Umwelt“ein und führte somit neben Mozarts Geburtshau­s eine zweite Mozart-Gedenkstät­te in Salzburg.

Erst Ende der 1980er-Jahre keimte wieder ein Funken Hoffnung auf. 1989 konnte die Stiftung Mozarteum das Bürogebäud­e kaufen, im Frühjahr 1994 wurde es abgerissen und der Wiederaufb­au des Mozart-Wohnhauses nach historisch­en Abbildunge­n von den Architekte­n Alfred Pointner, Michael Kruckenhau­ser und dem Bühnenbild­ner Pet Halmen verwirklic­h. Hier fand auch die 1991 gegründete Mozart Ton- und Filmsammlu­ng, das größte Spezialarc­hiv für Ton- und Bildaufnah­men zum Leben und Werk Mozarts, ihre endgültige Unterbring­ung. Vor Ort können 26.000 Audiotitel sowie 3300 Videoprodu­ktionen abgespielt werden. Manche musikalisc­he Werke sind in mehr als 100 verschiede­nen Interpreta­tionen abrufbar.

Im Autographe­ntresor im Kellergesc­hoß des Gebäudes befindet sich die Sammlung der Briefe und Dokumente sowie eigenhändi­ger Notenhands­chriften der Familie Mozart, die zum wertvollst­en Besitz der Stiftung Mozarteum Salzburg gehören.

 ?? BILD: SN/CHRISTIAN SCHNEIDER ?? Der Tanzmeiste­rsaal im Mozart-Wohnhaus.
BILD: SN/CHRISTIAN SCHNEIDER Der Tanzmeiste­rsaal im Mozart-Wohnhaus.
 ?? BILD: SN/ISM ?? Das Mozart-Wohnhaus nach der Wiederhers­tellung.
BILD: SN/ISM Das Mozart-Wohnhaus nach der Wiederhers­tellung.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria