Wie man die scharfe Waffe Streik stumpf macht
Nach dem längsten Streik bei der Lufthansa ist eines klar: Mit dieser Strategie arbeiten die Mitarbeiter an ihrem eigenen Untergang.
Der längste Streik in der Geschichte der deutschen Lufthansa ist zu Ende – aber was hat die Gewerkschaft Ufo, die das Kabinenpersonal vertritt, damit erreicht? Sie hat Macht demonstriert, ihr Vorsitzender Nicoley Baublies fühlt sich gestärkt. Die Mobilisierung ist gelungen, auch wenn man dabei alle Register zog. Dass sich just in der Streikwoche überdurchschnittlich viele Flugbegleiterinnen und -begleiter krankmeldeten, kommt der Gewerkschaft gelegen. Ihnen muss sie kein Streikgeld für den Verdienstentfall zahlen, weil das Gehalt vom Unternehmen weiter fließt. Das ist die eine Seite der Medaille.
Die andere ist, dass mehr als eine halbe Million Passagiere der Lufthansa die von ihnen gebuchten Flüge nicht antreten konnten. Dass sogar LufthansaChef Carsten Spohr auf den Konkurrenten Air Berlin ausweichen musste, ist ein Detail, das für launige Kommentare sorgte, aber ansonsten keine große Sache. Schon viel mehr sind das die Kosten des Streiks, die das Unternehmen auf einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag schätzt. Somit gibt es nach einer Woche des Stillstands unterm Strich nur Verlierer.
Die Gewerkschaft Ufo hat ihr Ziel verfehlt, das Management in die Knie zu zwingen. Vor allem übersieht sie völlig, dass sie sich ins eigene Knie schießt, wenn sie das Unternehmen dauerhaft schädigt – finanziell und in seiner Reputation. Ein Streik ist zwar ein Druckmittel, um das Gegenüber zum Einlenken zu bringen, was Unternehmen sehr oft tun, um Schaden abzuwenden. Der Erfolg eines Streiks hängt aber auch davon ab, wie er öffentlich wahrgenommen wird. Ufo und die Lufthansa-Belegschaft können nicht mehr darauf zählen, dass sich die Kunden mit ihnen solidarisieren. Dass Mitarbeiter Schilder mit der Parole „Altersarmut – ein Produkt von Lufthansa“in die Höhe hielten, zeigt, dass sie die Bodenhaftung verloren haben. Und es ist obszön, wenn man weiß, dass sie für Regelungen kämpfen, die ihnen im Vorund im Ruhestand noch immer das Drei- bis Vierfache dessen sichern, was anderen Arbeitnehmern im Durchschnitt an gesetzlicher Rente zusteht.
Der Gewerkschaftschef fordert vom Vorstand „eine glaubhafte Erklärung, wie er das verlorene Vertrauen aller Mitarbeiter zurückgewinnen will“. Wie Lufthansa das Vertrauen ihrer Kunden zurückgewinnen soll, interessiert ihn nicht. Noch fehlt die Einsicht, dass Privilegien aus der goldenen Zeit nicht unverändert in eine völlig veränderte Welt des Fliegens zu retten sind. Sie wird kommen müssen, wenn der Kranich weiter erfolgreich durch die Lüfte ziehen soll.