Wer will schon perfekt sein?
Die Politik überlegt, mit strengeren Gesetzen gegen Magermodels in der Werbung vorzugehen. Viele Unternehmen sind da bereits einen Schritt weiter.
SALZBURG. Frankreich mit der Modehauptstadt Paris preschte vor, aber auch andere Länder wie Spanien, Italien, Israel oder Belgien haben bereits Gesetze im Kampf gegen magersüchtige Models erlassen. Auch in Österreich unternahm Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek jüngst erneut einen Vorstoß, gesetzlich gegen verzerrte Schönheitsbilder in Werbung und Modeindustrie vorzugehen, möglich machen könnte das eine Änderung in der Gewerbeordnung.
Sixpack, Topfigur und BarbieProportionen – von diesem für die breite Masse unerreichbaren Schönheitsideal gehen aber auch immer mehr Unternehmen in ihrer Werbung ab. Sympathie statt Modelmaße, Ausstrahlung statt klassischer Schönheit, lautet die Devise. Nicht jeder geht dabei so weit wie die Männermodekette Dressmann, die in ihrem jüngsten UnterwäscheSpot bierbäuchige Mittvierziger und hagere alte Männer neben wohlgeformte Models stellt. „Wir wollen keine perfekten Models zeigen, wir wollen perfekte Menschen zeigen, und die können ganz unterschiedlich aussehen“, erklärt Dressmann-Sprecherin Ninni Dalaker. Sympathie und Echtheit seien wichtiger als das perfekte Aussehen. Eine Diskussion über fragwürdige Schönheitsideale zu entfachen habe das norwegische Unternehmen durchaus beabsichtigt. Die Reaktionen der Kunden seien positiv.
Das stellte man auch bei der Salzburger Stieglbrauerei fest, nachdem man im Vorjahr in einem Fernsehspot eine alte Bäuerin in den Mittelpunkt stellte, deren Heuwagen der junge Mann letztlich den Vorzug vor einem Cabrio voller junger Mädchen gibt. Mittlerweile ist angesichts der unzähligen positiven Reaktionen daraus ein Altbäuerinnen-Kalender entstanden. „Wir wollen in unserer Werbung nicht klassische Models, also haben wir Typen definiert, die auch unserer Marke entsprechen“, heißt es bei Stiegl. Natürlich, bodenständig, sympathisch und dazu ein humorvoller Touch, das zähle dabei mehr als Modelmaße. Die Darsteller in der Stiegl-Werbung sind allerdings professionelle Models.
Auf „ganz normale Menschen wie du und ich“setzt dagegen die Molkerei NÖM seit Jahresbeginn in ihrer Werbelinie für die Leichtprodukte „NÖM fasten“. In Castings hat man Menschen gesucht, die unter dem Motto „Ich liebe mich“vermitteln, dass sie mit sich selbst zufrieden sind – so wie sie sind. „Interessant war, dass es vonseiten unserer Kunden nur ganz wenig Kritik gab und dann nur an den hübschesten der ausgewählten Mitwirkenden, weil man sie für nicht glaubwürdig hielt“, sagt NÖM-Marketingleiter Erik Hofstädter. Nicht nur die Unternehmen, vor allem die Konsumenten seien längst einen Schritt weiter und wollten in der Werbung nicht mehr eine unrealistische Scheinwelt vorgespielt bekommen, erklärt Hofstädter. „In der Realität umgebe ich mich letztlich auch mit den Menschen, mit denen ich mich wohlfühle, und nicht mit den Schönsten.“
Laut einer Umfrage der SPÖFrauen stimmen 73 Prozent der befragten 1700 Frauen der Aussage zu, dass Bilder von perfekten Models in der Werbung verunsichern. Befragt nach Maßnahmen für ein realistisches Schönheitsideal, erhält der Vorschlag, wonach Models ein gesundes Mindestgewicht haben sollen, laut Umfrage eine Zustimmung von 90 Prozent.
„Kunden wollen keine Scheinwelt vorgespielt bekommen.“