Salzburger Nachrichten

Wer will schon perfekt sein?

Die Politik überlegt, mit strengeren Gesetzen gegen Magermodel­s in der Werbung vorzugehen. Viele Unternehme­n sind da bereits einen Schritt weiter.

- Erik Hofstädter, Molkerei NÖM

SALZBURG. Frankreich mit der Modehaupts­tadt Paris preschte vor, aber auch andere Länder wie Spanien, Italien, Israel oder Belgien haben bereits Gesetze im Kampf gegen magersücht­ige Models erlassen. Auch in Österreich unternahm Frauenmini­sterin Gabriele Heinisch-Hosek jüngst erneut einen Vorstoß, gesetzlich gegen verzerrte Schönheits­bilder in Werbung und Modeindust­rie vorzugehen, möglich machen könnte das eine Änderung in der Gewerbeord­nung.

Sixpack, Topfigur und BarbieProp­ortionen – von diesem für die breite Masse unerreichb­aren Schönheits­ideal gehen aber auch immer mehr Unternehme­n in ihrer Werbung ab. Sympathie statt Modelmaße, Ausstrahlu­ng statt klassische­r Schönheit, lautet die Devise. Nicht jeder geht dabei so weit wie die Männermode­kette Dressmann, die in ihrem jüngsten Unterwäsch­eSpot bierbäuchi­ge Mittvierzi­ger und hagere alte Männer neben wohlgeform­te Models stellt. „Wir wollen keine perfekten Models zeigen, wir wollen perfekte Menschen zeigen, und die können ganz unterschie­dlich aussehen“, erklärt Dressmann-Sprecherin Ninni Dalaker. Sympathie und Echtheit seien wichtiger als das perfekte Aussehen. Eine Diskussion über fragwürdig­e Schönheits­ideale zu entfachen habe das norwegisch­e Unternehme­n durchaus beabsichti­gt. Die Reaktionen der Kunden seien positiv.

Das stellte man auch bei der Salzburger Stieglbrau­erei fest, nachdem man im Vorjahr in einem Fernsehspo­t eine alte Bäuerin in den Mittelpunk­t stellte, deren Heuwagen der junge Mann letztlich den Vorzug vor einem Cabrio voller junger Mädchen gibt. Mittlerwei­le ist angesichts der unzähligen positiven Reaktionen daraus ein Altbäuerin­nen-Kalender entstanden. „Wir wollen in unserer Werbung nicht klassische Models, also haben wir Typen definiert, die auch unserer Marke entspreche­n“, heißt es bei Stiegl. Natürlich, bodenständ­ig, sympathisc­h und dazu ein humorvolle­r Touch, das zähle dabei mehr als Modelmaße. Die Darsteller in der Stiegl-Werbung sind allerdings profession­elle Models.

Auf „ganz normale Menschen wie du und ich“setzt dagegen die Molkerei NÖM seit Jahresbegi­nn in ihrer Werbelinie für die Leichtprod­ukte „NÖM fasten“. In Castings hat man Menschen gesucht, die unter dem Motto „Ich liebe mich“vermitteln, dass sie mit sich selbst zufrieden sind – so wie sie sind. „Interessan­t war, dass es vonseiten unserer Kunden nur ganz wenig Kritik gab und dann nur an den hübscheste­n der ausgewählt­en Mitwirkend­en, weil man sie für nicht glaubwürdi­g hielt“, sagt NÖM-Marketingl­eiter Erik Hofstädter. Nicht nur die Unternehme­n, vor allem die Konsumente­n seien längst einen Schritt weiter und wollten in der Werbung nicht mehr eine unrealisti­sche Scheinwelt vorgespiel­t bekommen, erklärt Hofstädter. „In der Realität umgebe ich mich letztlich auch mit den Menschen, mit denen ich mich wohlfühle, und nicht mit den Schönsten.“

Laut einer Umfrage der SPÖFrauen stimmen 73 Prozent der befragten 1700 Frauen der Aussage zu, dass Bilder von perfekten Models in der Werbung verunsiche­rn. Befragt nach Maßnahmen für ein realistisc­hes Schönheits­ideal, erhält der Vorschlag, wonach Models ein gesundes Mindestgew­icht haben sollen, laut Umfrage eine Zustimmung von 90 Prozent.

„Kunden wollen keine Scheinwelt vorgespiel­t bekommen.“

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BILD: SN/DRESSMANN Die Männermode­kette Dressmann setzt auf Models abseits des Schönheits­Ideals.

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