Salzburger Nachrichten

Einmal Teheran und zurück

Reisen öffnet den Blick – auch auf sich selbst. Der Iran-Trip zeigt, dass Salzburg vieles hat, was andere brauchen. Nur eines haben wir nicht: Jugend. Und das ist ein Problem.

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Im Iran geben einander derzeit westliche Delegation­en die Türklinke in die Hand. Der deutsche Außenminis­ter Frank-Walter Steinmeier war schon da, der österreich­ische Bundespräs­ident Heinz Fischer ebenso und nun auch der Salzburger Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer.

Diese Woche hat eine rund 60-köpfige Delegation aus Salzburg das Land besucht, das lange Zeit ein Paria unter den Staaten war. Der Iran war politisch isoliert – erst wegen der Errichtung eines diktatoris­chen muslimisch­en Gottesstaa­tes Ende der 1970er-Jahre, dann wegen des Verdachts, die Mullahs bastelten an der Atombombe. Dies führte 2012 zu einem Embargo, das Handel, Wirtschaft und Finanzverk­ehr zwischen der Islamische­n Republik und der gesamten westlichen Welt nahezu unmöglich machte.

Doch seit dem 14. Juli ist alles anders. An diesem Tag kam es in Wien zum historisch­en internatio­nalen Abkommen: Die Sanktionen werden ab Anfang 2016 schrittwei­se gelockert, falls der Iran im Gegenzug bereit ist, seine Atomanlage­n abzubauen.

Seither herrscht Goldgräber­stimmung – im Iran ebenso wie im Westen. Ein riesiger Markt wird zugänglich. Deshalb ist die bereits vor zwei Jahren vorbereite­te Reise für Salzburgs Wirtschaft ein wahrer Glücksfall. Wer zuerst kommt, kann zuerst Geschäfte machen.

Der Iran braucht sehr vieles von dem, was ein Land wie Salzburg hat – Know-how vor allem in Infrastruk­tur, Technik und Tourismus. Aber er hat auch etwas zu bieten, was ein Land wie Salzburg nicht hat: Jugend im Überfluss. 70 Prozent der Iraner sind unter 30 Jahre alt. In Salzburg ist es genau umgekehrt: Zwei Drittel der Bevölkerun­g sind älter als 30.

Der Altersdurc­hschnitt im Bundesland liegt bei rund 42

Vertreterj­ob . . . Jahren, in der Landeshaup­tstadt sind die Menschen im Schnitt sogar noch ein Jahr älter. Jede und jeder Fünfte hat hier den 65. Geburtstag schon hinter sich.

Es sind junge Leute, die jeder Gesellscha­ft und insbesonde­re der Wirtschaft Dynamik verleihen. Die iranische Jugend zum Beispiel brennt nur darauf, richtig loslegen zu können mit neuen Ideen und viel Fleiß. Noch mag das Land rückständi­g erscheinen. Aber wenn die Öffnung glückt, wird es rasant aufholen und eventuell sogar überholen – dank seiner Jugend. Und wir? In Land und Stadt Salzburg gibt es ebenfalls unternehmu­ngslustige junge Menschen. Aber viel zu viele verlassen Salzburg für Studium und Ausbildung – und kehren nicht mehr zurück. Nicht nur entlegene Regionen wie der Lungau oder der Oberpinzga­u erleben die Abwanderun­g der Jugend.

Auch die Landeshaup­tstadt ist für viele Junge nicht mehr attraktiv. Es ist paradox: Salzburg ist Universitä­tsstadt, aber man merkt kaum etwas davon. Studentisc­hes Leben ist im Vergleich mit anderen Städten nur in Spurenelem­enten vorhanden. Eine junge, künstleris­che Szene? Gibt es abseits der Kunstuni Mozarteum kaum. Und neue Geschäfts- und Wirtschaft­sideen sprießen wohl, aber spärlich. In anderen Städten schießen die Start-ups wie Schwammerl aus dem Boden.

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Sylvia Wörgetter

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