Erst ein kleiner Krimineller, dann Terrorist
Einer der Attentäter von Paris ist ein Franzose mit arabischen Wurzeln.
Omar Ismaïl Mostefaï war ein Kleinkrimineller mit langem Vorstrafenregister – jetzt steht sein Name in Verbindung mit der blutigsten Anschlagsserie in der französischen Nachkriegsgeschichte. Der 29-Jährige war einer der drei Mörder, die im Pariser Konzertsaal Bataclan 89 Menschen töteten. Er ist der erste der Attentäter, den die Polizei nach den Terroranschlägen identifizieren konnte. Gelungen ist dies mithilfe des Abdrucks eines abgetrennten Fingers, der im Bataclan gefunden worden war. Mostefaï soll auch das Fahrzeug gelenkt haben, mit dem er und seine beiden Komplizen zum Tatort gefahren sind. Alle drei sollen ihre Sprengstoffwesten gezündet haben, als die Polizei den Konzertsaal stürmte.
Geboren wurde Mostefaï am 21. November 1985 in Courcouronnes, einem Vorort im äußersten Süden von Paris. Er war einer von vier Brüdern und zwei Schwestern. Zwischen 2004 und 2010 wurde er acht Mal wegen kleinerer Vergehen verurteilt. Er galt lange Zeit als Kleinkrimineller. Eine Haftstrafe musste er aber nicht verbüßen.
Nach Angaben des für Terrorismus zuständigen Staatsanwalts François Molins hatten die Behörden den 29-Jährigen aber seit 2010 wegen seiner Radikalisierung im Visier. Es sei aber nie wegen Terrorverdachts ermittelt worden. Allerdings wurde eine sogenannte SKartei angelegt. Solche Aktenverzeichnisse bekommen in Frankreich Verdächtige, die zu einer Gefahr für die Staatssicherheit werden könnten. Nach Angaben aus Polizeikreisen besuchte Mostefaï regelmäßig eine Moschee in Lucé, einem Vorort von Chartres, etwa 80 Kilometer südwestlich von Paris. Nun werden Hinweise geprüft, wonach er im vergangenen Jahr in das Bürgerkriegsland Syrien reiste. Aus Polizeikreisen hieß es, die Angreifer seien „kampferprobt und selbstbewusst“gewesen.
Der Vater und ein älterer Bruder des 29-Jährigen wurden am Samstagabend in Polizeigewahrsam genommen, ihre Wohnungen durchsucht. Auch in den Häusern anderer Verwandter und Freunde gab es Razzien. „Das ist verrückt, ein Wahnsinn“, sagte der Bruder des Terroristen. Er habe sich selbst auf einem Polizeirevier gemeldet, als er von der Verwicklung seines Bruders in die Anschlagsserie erfahren habe. Er sei am Freitag selbst in Paris gewesen und habe das Chaos hautnah miterlebt, berichtete der 34-Jährige. Der Kontakt zu seinem Bruder sei vor einigen Jahren abgerissen. Seine letzte Information sei gewesen, dass dieser mit seiner Familie und seinem „kleinen Mädchen“nach Algerien gereist sei. Er habe gewiss gewusst, dass Omar immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt geraten sei. Er habe sich aber niemals vorstellen können, dass dieser sich derart radikalisiere. „Ich habe meine Mutter angerufen, sie schien aber nichts davon zu wissen.“