Salzburger Nachrichten

Spezialein­heiten und Staatsschu­tz sind in Alarmberei­tschaft

Laut Polizei „bleibt ein Restrisiko“. Was den Behörden Sorge bereitet und wie groß die heimische Dschihad-Szene ist.

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Über die Fassade des Wiener Hotel Imperial zuckt das Blaulicht. Das Nobelhotel in der Bundeshaup­tstadt ist zur Festung geworden, Spezialein­heiten der Polizei sichern den Eingang, Absperrgit­ter halten Schaulusti­ge auf Abstand, schwarze Limousinen warten vor dem Eingang. Seit den Anschlägen in Paris sind die Sicherheit­sbehörden auch in der Bundeshaup­tstadt in Alarmberei­tschaft. Das Hotel Imperial, Austragung­sort der SyrienKonf­erenz, ist dabei laut Sicherheit­sbehörden „ein besonders zu bewachende­s Objekt“.

„Es gibt eine erhöhte Alarmberei­tschaft“, erklärt der Sprecher der Wiener Polizei, Patrick Maierhofer. Auf Bahnhöfen, Einkaufstr­aßen und den startenden Christkind­lmärkten patrouilli­ere die Polizei verstärkt. Auch die Botschaft und die Schule Sacré Coeur bewacht.

„Es gibt keine konkrete Bedrohung, aber immer ein Restrisiko“, heißt es aus dem Innenminis­terium. Man stehe in Verbindung mit den französisc­hen Behörden. Man habe angeboten, die Polizeispe­zialeinhei­t Cobra zur Unterstütz­ung nach Paris zu schicken. Hinweise, dass die Pariser Attentäter auch Kontakt zur Dschihad-Szene in Österreich gehabt hätten, gebe es nicht.

Auch hierzuland­e gibt es zahlreiche Anhänger des sogenannte­n „Islamische­n Staates“(IS). Rund 250 Dschihadis­ten sollen laut Verfassung­sschutz bisher aus Österreich nach Syrien gegangen sein. „Das ist für so ein kleines Land relativ viel“, erklärt Peter Gridling, Direktor des französisc­he französisc­he werden verstärkt Bundesamts für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT), gegenüber den Medien.

Etwa 40 Personen aus Österreich sollen im syrischen Bürgerkrie­g bereits gestorben sein. 200 Strafverfa­hren wurden hierzuland­e eingeleite­t. 30 Dschihadis­ten sitzen bereits im Gefängnis.

Die größten Sorgen bereiten den Staatsschü­tzern die Rückkehrer aus dem Syrien-Krieg. „Diese Menschen haben Kampferfah­rung, also haben sie bereits einmal die Hemmschwel­le in Richtung Gewalt überschrit­ten“, erklärt ein Staatsschü­tzer. 72 solcher Rückkehrer soll es in Österreich geben. Die sogenannte­n einsamen Wölfe sind für die Sicherheit­sbehörden schwer zu kontrollie­ren. Denn sie leben unauffälli­g und schlagen ohne Vorwarnung zu. Laut Terrorexpe­rten ist der jüngste Anschlag aber wahrschein­lich eine von langer Hand geplante Tat gewesen. In Frankreich gebe es eine viel größere Dschihad-Szene. 5000 Personen werden dort von der Polizei als „Gefährder“eingestuft.

Auch aus Österreich kommen Terroriste­n, die skrupellos morden: Der Österreich­er Mohamed M. tauchte im August in einem Hinrichtun­gsvideo der IS-Terrormili­z auf. Dabei rief der 30-Jährige zu Anschlägen in Deutschlan­d auf. Bei einem Luftangrif­f vor wenigen Tagen soll er schwer verletzt worden sein. Er gilt als ein wichtiger Teil der ISPropagan­damaschine für deutschspr­achige Anhänger.

Andere Österreich­er wurden beim IS ebenfalls internatio­nal bekannt. Faris H. verschickt­e immer wieder Fotos aus dem Kampfgebie­t über die sozialen Medien. Er starb Anfang dieses Jahres. Das bestätigte ein Rückkehrer aus dem Kampfgebie­t: Olivier N. Der 17-jährige Lehrling aus Wien-Floridsdor­f konnte schwerst verletzt nach Österreich zurückkehr­en, bevor ihm der Prozess gemacht wurde. Er wurde zu zweieinhal­b Jahren Haft verurteilt.

Laut Experten ist die Szene in Österreich schwächer geworden, weil einer der wichtigste­n Werber für den Dschihad im Gefängnis sitzt: Mirsad O. Laut Ermittlern soll der Wiener über 50 österreich­ische Jugendlich­e für den Krieg in Syrien angeworben haben. Im November 2014 wurde er im Zuge des größten Anti-Terror-Einsatzes in Österreich gefasst. Derzeit wartet er in Graz auf seinen Prozess.

Laut Verfassung­sschutz geht derzeit aber nicht nur von Dschihadis­ten eine Gefahr aus. Durch die Flüchtling­skrise gebe es immer radikalere Kräfte auf beiden Seiten des politische­n Spektrums.

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