Wie fremd bin ich mir selbst?
„Die lächerliche Finsternis“als Kooperation zwischen der Universität Mozarteum und dem Salzburger Landestheater.
„. . . ich weiß, dass meine Lebenswirklichkeit für Sie als Mitteleuropäer unverständlich sein mag“, sagt der diplomierte Pirat Ultima Michael Pussi in dem Prolog der „Lächerlichen Finsternis“, in dem er um Verständnis für sein Verhalten wirbt. Mit eben dieser Fremdheit und dem Blick auf das Unbekannte spielt der Autor Wolfram Lotz. Ironie und Ernst vermengen sich dabei zu einem Zwillingspaar, das sich gegenseitig in Schranken weist. Doch ist es nicht nur die Exotik von außerhalb, immer wieder taucht die Frage auf: Wie fremd bin ich mir selber?
Das Antikriegsstück, lose angelehnt an Joseph Conrads „Herz der Finsternis“und Francis Ford Coppolas „Apocalypse now“, wurde nun ausgewählt, um die neu gewonnene Kooperation zwischen dem Studiengang Schauspiel der Universität Mozarteum und dem Salzburger Landestheater aus der Taufe zu heben. Regisseurin Catja Baumann, selbst Absolventin der Uni Mozarteum, erarbeitete mit sieben Studenten des dritten Jahrgangs eine Selbst- und Fremdbefragung in einer Welt, die aus den Fugen geraten ist. Sergej Czepurnyi, Martin Esser, Wolf Danny Homann, Dominik Puhl, Rebecca Seidel, Niklas Maienschein und Caner Sunar überzeugen mit Spielfreudigkeit und Mut zum Sichausprobieren. Dominik Pfuhl meistert die Herausforderung eines minutenlangen Monologs an der Rampe, Rebecca Seidel überzeugt in Trenchcoat und strenger Hochsteckfrisur. Ein wahres Highlight ist Niklas Maienschein als popcornfressender Papagei, der während der gesamten Aufführung mit Durchlässigkeit und Spiellust zu fesseln vermag. Denn Maienschein spielt immer weiter, selbst, wenn er in den Tiefen des Ensembles wütet. Die Inszenierung von Catja Baumann bleibt teils in Klischees stecken, die Herstellung von Regionalbezug an Hand einer Perchtenmaske wirkt aufgezwungen und verpufft unkommentiert. Das anfangs etwas träge Tempo der Inszenierung nimmt rasch an Fahrt auf und schwingt mit dem rasanten Rhythmus des Lotz-Textes, in dem Fiktion und Realismus verschwimmen. Dieser traumwirkliche Grenzgang gelingt Baumann auf unterhaltsame Weise.
2014 schuf Jungautor und Dramatiker Wolfram Lotz „Die lächerliche Finsternis“als Hörspiel. Die Dramatisierung avancierte ausgehend von einer furiosen und mit Theaterpreisen überhäuften Uraufführung durch Regisseur Dušan David Pařízek am Wiener Akademie- theater innerhalb eines Jahres zum meistgespielten Stück zeitgenössischer Theaterliteratur im deutschen Sprachraum. Die Salzburger Version ist jedenfalls ein empfehlenswerter Ausflug in die Postdramatik innerhalb eines ansonsten streng konservativen Spielplans.
Schauspiel.