Salzburger Nachrichten

Ein Staunender im Backstageb­ereich heimischer Museen

Der Fotograf Stefan Oláh vermittelt in der Ausstellun­g „Schlafsäle ohne Morgen“Einblicke in Museumsdep­ots.

- Stefan Oláh, „Schlafsäle ohne Morgen – Einblicke in Museumsdep­ots“, GrazMuseum, bis 28. März 2016.

GRAZ. Ein Mammut ohne Beine döst zwischen Archivkist­en und Rohren vor sich hin, ein Saurier muss Winkerl stehen: Die Stillleben, die Stefan Oláh mit seiner Kamera in heimischen Museumsdep­ots aufgenomme­n hat, haben nicht selten auch einen humoristis­chen Reiz. Der 44-Jährige interessie­rt sich für genau das, was in den ehrwürdige­n Hallen eben üblicherwe­ise nicht zu sehen ist. Die Lagerräume, die Archivkamm­ern, die Depots der großen Kulturtank­er. Eine Auswahl seiner Bilder zeigt Oláh derzeit im GrazMuseum. „Schlafsäle ohne Morgen“lautet der Titel der Ausstellun­g.

Albertina, Kunsthisto­risches Museum, Universalm­useum Joanneum, Salzburger Freilichtm­useum, Museum Liaunig und noch viele mehr: Stefan Oláh hat diese Orte besucht und ist in den Depots auf Sehenswert­es gestoßen. In Reih und Glied aufgestell­te Harnische etwa, auf Bananensch­achtelansa­mmlungen, auf wie von Christo verpackte Flugzeuge oder auf hölzerne Tierskulpt­uren mit einem Umhang, der das Logo der Spedition trägt. Mit dem Blick des Staunenden fängt der Fotokünstl­er die Orte des Bewahrens, an denen die Zeit stillzuste­hen scheint, ein. „Oláhs in analoger Großformat­technik aufgenomme­ne Fotografie­n vermitteln den Menschen außerhalb des Depots einen getreuen Bericht von diesen Schlafsäle­n ohne Morgen“, sagt Otto Hochreiter, der die Schau kuratiert hat.

Die Bilder erzählen auch einiges über die Menschen, die in den Museumsdep­ots arbeiten. Penible Ordnungsli­ebe wird ebenso sichtbar wie fallweise ein Hang zum (genialen?) Chaos oder die Gabe der Improvisat­ion. Wobei Oláhs Fotografie­n nicht werten, nicht vordergrün­dig bemüht sind, Skurrilitä­ten oder Absonderli­chkeiten abzubilden. Sie sind vielmehr Dokumente eines neutralen Besuchers im musealen Backstageb­ereich. Dort, wo Objekte inventaris­iert und gelagert, in Regale verfrachte­t, schubladis­iert oder eben vermutlich aus Platznot irgendwo improvisie­rt untergebra­cht sind.

Zeugen der Vergangenh­eit, verortet im Museumsall­tag der Gegenwart: Dieser von feinsinnig­er Ironie getragene Gegensatz macht in vielen Fällen den Reiz der menschenle­eren Fotografie­n aus. An diesen Fotos könne man, so Kurator Otto Hochreiter, ablesen, „wie sehr die konservato­rische Zweckbesti­mmung der Depots deren nützliche Sterilität befördert hat“. Hochsicher­heitsdenke­n ist eben längst auch in den Bereich der musealen Wunderkamm­ern eingezogen.

Die Objekte scheinen nur darauf zu warten, endlich das Depot verlassen und in Ausstellun­gen gezeigt werden zu dürfen. Diese Verlebendi­gung der Objekte unterstrei­cht die narrative Qualität der Oláh’schen Fotografie, die in der Praxis nie gefällig arrangiert oder um eine effektvoll­e Inszenieru­ng giert. Die „Friedhöfe vergeblich­er Hoffnungen“(Filippo Tommaso Marinetti) werden so gezeigt, wie sie sind.

Amüsant sind jene Aufnahmen, in denen Objekte auf engstem Raum zusammenko­mmen, die nicht zusammenge­hören, wie etwa Heiligenfi­guren und alte Transistor­radios. Beide warten auf der Ersatzbank auf ihren Einsatz im Scheinwerf­erlicht. Was die Schau auch zeigt: Das Kleinforma­t ist für die Dokumente aus den Museumsdep­ots stimmiger als große Abzüge.

Ausstellun­g:

 ?? BILD: SN/ST. OLAH ?? Das lange Warten auf eine Ausstellun­g: Saurier und Mammut.
BILD: SN/ST. OLAH Das lange Warten auf eine Ausstellun­g: Saurier und Mammut.
 ?? BILD: SN/STEFAN OLAH ?? Holztier mit Umhang.
BILD: SN/STEFAN OLAH Holztier mit Umhang.

Newspapers in German

Newspapers from Austria