Ein Staunender im Backstagebereich heimischer Museen
Der Fotograf Stefan Oláh vermittelt in der Ausstellung „Schlafsäle ohne Morgen“Einblicke in Museumsdepots.
GRAZ. Ein Mammut ohne Beine döst zwischen Archivkisten und Rohren vor sich hin, ein Saurier muss Winkerl stehen: Die Stillleben, die Stefan Oláh mit seiner Kamera in heimischen Museumsdepots aufgenommen hat, haben nicht selten auch einen humoristischen Reiz. Der 44-Jährige interessiert sich für genau das, was in den ehrwürdigen Hallen eben üblicherweise nicht zu sehen ist. Die Lagerräume, die Archivkammern, die Depots der großen Kulturtanker. Eine Auswahl seiner Bilder zeigt Oláh derzeit im GrazMuseum. „Schlafsäle ohne Morgen“lautet der Titel der Ausstellung.
Albertina, Kunsthistorisches Museum, Universalmuseum Joanneum, Salzburger Freilichtmuseum, Museum Liaunig und noch viele mehr: Stefan Oláh hat diese Orte besucht und ist in den Depots auf Sehenswertes gestoßen. In Reih und Glied aufgestellte Harnische etwa, auf Bananenschachtelansammlungen, auf wie von Christo verpackte Flugzeuge oder auf hölzerne Tierskulpturen mit einem Umhang, der das Logo der Spedition trägt. Mit dem Blick des Staunenden fängt der Fotokünstler die Orte des Bewahrens, an denen die Zeit stillzustehen scheint, ein. „Oláhs in analoger Großformattechnik aufgenommene Fotografien vermitteln den Menschen außerhalb des Depots einen getreuen Bericht von diesen Schlafsälen ohne Morgen“, sagt Otto Hochreiter, der die Schau kuratiert hat.
Die Bilder erzählen auch einiges über die Menschen, die in den Museumsdepots arbeiten. Penible Ordnungsliebe wird ebenso sichtbar wie fallweise ein Hang zum (genialen?) Chaos oder die Gabe der Improvisation. Wobei Oláhs Fotografien nicht werten, nicht vordergründig bemüht sind, Skurrilitäten oder Absonderlichkeiten abzubilden. Sie sind vielmehr Dokumente eines neutralen Besuchers im musealen Backstagebereich. Dort, wo Objekte inventarisiert und gelagert, in Regale verfrachtet, schubladisiert oder eben vermutlich aus Platznot irgendwo improvisiert untergebracht sind.
Zeugen der Vergangenheit, verortet im Museumsalltag der Gegenwart: Dieser von feinsinniger Ironie getragene Gegensatz macht in vielen Fällen den Reiz der menschenleeren Fotografien aus. An diesen Fotos könne man, so Kurator Otto Hochreiter, ablesen, „wie sehr die konservatorische Zweckbestimmung der Depots deren nützliche Sterilität befördert hat“. Hochsicherheitsdenken ist eben längst auch in den Bereich der musealen Wunderkammern eingezogen.
Die Objekte scheinen nur darauf zu warten, endlich das Depot verlassen und in Ausstellungen gezeigt werden zu dürfen. Diese Verlebendigung der Objekte unterstreicht die narrative Qualität der Oláh’schen Fotografie, die in der Praxis nie gefällig arrangiert oder um eine effektvolle Inszenierung giert. Die „Friedhöfe vergeblicher Hoffnungen“(Filippo Tommaso Marinetti) werden so gezeigt, wie sie sind.
Amüsant sind jene Aufnahmen, in denen Objekte auf engstem Raum zusammenkommen, die nicht zusammengehören, wie etwa Heiligenfiguren und alte Transistorradios. Beide warten auf der Ersatzbank auf ihren Einsatz im Scheinwerferlicht. Was die Schau auch zeigt: Das Kleinformat ist für die Dokumente aus den Museumsdepots stimmiger als große Abzüge.
Ausstellung: