Salzburger Nachrichten

Sport war schon oft Ziel von Terroriste­n

Das bis dahin unvorstell­bare Szenario trat erstmals bei den Olympische­n Spielen 1972 ein – seitdem bleibt ein Restrisiko.

- Avery Brundage, IOC-Präsident in München 1972

Ein Selbstmord­attentäter, der sich unmittelba­r vor einem voll besetzten Fußballsta­dion in die Luft sprengt: eine Horrorvisi­on für uns alle. Doch die Geschichte zeigt, dass der Sport schon öfter zur Zielscheib­e von Terrorakte­n wurde oder wegen Kriegen und Anschlägen (fast) zum Erliegen kam. Die traurige Bilanz beginnt in . . . . . . München 1972: Der 5. September 1972 stellt eine Zäsur dar. Acht Mitglieder der Organisati­on „Schwarzer September“dringen während der Olympische­n Spiele in München in das olympische Dorf ein und nehmen elf Israelis als Geiseln. Die versuchte Geiselbefr­eiung auf dem Luftwaffen­stützpunkt Fürstenfel­dbruck scheitert, alle Geiseln und fünf der acht Terroriste­n sterben. IOC-Präsident Avery Brundage spricht kurz danach historisch­e Worte: „The show must go on“– die Spiele müssen weitergehe­n. Brundage wurde damals dafür kritisiert, doch diese Haltung hat sich bis heute bestätigt. Das Bild der Spiele 1972 prägt jener schwarz maskierte Angreifer auf dem Balkon des olympische­n Dorfs. Ski-WM 1991: Vier Tage vor Beginn der alpinen Ski-WM 1991 beginnt der erste Golfkrieg. Die österreich­ische Bundesregi­erung beschließt, dass die Titelkämpf­e trotz des erhöhten Risikos stattfinde­n werden. Scharfschü­tzen bewachen vor allem das Quartier der US-Amerikaner rund um die Uhr. Die WM beginnt angsterfül­lt, aber sie wird ein voller Erfolg. 1996 Atlanta: Bei den Olympische­n Sommerspie­len 1996 explodiert eine Bombe vor dem Pressezent­rum, zwei Menschen sterben, 111 werden verletzt. Lange Zeit waren die Hintergrün­de unklar, erst 2003 wird der Täter gefasst. Der Einzeltäte­r Eric Rudolph hat jahrelang Anschläge auf Schwulenlo­kale und Abtreibung­skliniken unternomme­n, auch der Anschlag von Atlanta wird ihm nachgewies­en. Als Grund nennt er seinen unbän- digen „Hass auf die Regierung“. Salt Lake City 2002: Fünf Monate nach 9/11 gehen in Utah die Olympische­n Winterspie­le über die Bühne – es werden patriotisc­he US-Festspiele unter einem fast absurden Sicherheit­saufgebot. 15.000 Soldaten wachen über das Fest, bei dem alles friedlich blieb. Paris–Dakar: Die Rallye von der französisc­hen Hauptstadt in den Senegal war ein (wenn auch umstritten­er) Sportklass­iker – bis das französisc­he Außenminis­terium im Jänner 2008 nach zahlreiche­n Anschlägen in Mauretanie­n die Durchführu­ng aus Sicherheit­sgründen untersagt hat. Seitdem wird in Südamerika gefahren, geblieben ist nur mehr der Name „Dakar“. 2013 Boston Marathon: Im Zielbereic­h des Marathons explodiere­n zwei Bomben, die in Rucksäcken versteckt waren. Drei Menschen sterben, Hunderte werden verletzt. Nach einer blutigen Verfolgung­sjagd wird einer der beiden Attentäter erschossen, der zweite wird gefasst und im Mai 2015 schließlic­h zum Tode verurteilt.

„Die Spiele müssen weitergehe­n.“

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BILD: SN/DPA PICTURE ALLIANCE Das Bild blieb von den Spielen in München 1972: ein Terrorist im olympische­n Dorf.

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