Salzburger Nachrichten

Mann brachte seine Frau um: Wegen Totschlags vor Gericht

Im Zustand starker psychische­r Überlastun­g, so der Gutachter, tötete ein 60-jähriger Pinzgauer seine Frau. Morgen steht er vor einem Schöffense­nat.

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Eine Familientr­agödie mit schrecklic­hen Folgen hatte sich am frühen Morgen des 18. Februar in einem Wohnhaus in Kaprun ereignet. Ein damals 59-jähriger Tischler erschlug seine noch schlafende Ehefrau mit einem rund 60 Zentimeter langen, knapp zwei Kilogramm schweren Nageleisen (eine Eisenstang­e, die zum Herauszieh­en von Nägeln verwendet wird).

Morgen, Dienstag, muss sich der Pinzgauer am Landesgeri­cht verantwort­en: Jedoch nicht wegen Mordes vor einem Geschworen­engericht, sondern wegen des – geringer bestraften – Tatbestand­s des Totschlags vor einem Schöffense­nat.

Die Begründung: Laut Anklage von Staatsanwa­lt Michael Schindlaue­r hat sich der Ehemann damals „in einer allgemein begreiflic­hen heftigen Gemütsbewe­gung (Affekt) dazu hinreißen lassen“, seine Gattin durch drei Schläge mit dem Nageleisen zu töten. Im Gegensatz zum Mord – mit zehn bis 20 Jahren Haft oder lebenslang bedroht – beträgt der Strafrahme­n beim Totschlag fünf bis zehn Jahre Haft.

Die Anklage gegen den Pinz- gauer – er wird von Rechtsanwa­lt Georg Schmeissne­r verteidigt – basiert auf dem Gerichtsgu­tachten von Neuropsych­iater Ernst Griebnitz.

Der Angeklagte und seine Frau führten ein zurückgezo­genes Leben. Die Gattin habe zunehmend an Depression­en gelitten und sei zuletzt nicht mehr in der Lage gewesen, den Haushalt zu führen, heißt es in der Anklagesch­rift. „Der Täter musste alle wesentlich­en Dinge selbst erledigen, die Situation war für ihn äußerst belastend. Laut Gutachten hatte er zunehmend das Gefühl der Ohnmacht, bis er mit der Lage nicht mehr zurechtkam“, so der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft (StA), Marcus Neher.

Am frühen Morgen des 18. Februar hat der 60-Jährige dann laut Anklage „im Zustand einer suizidalen Einengung“und einer „tief greifenden Bewusstsei­nsstörung“den Entschluss gefasst, nicht nur sich selbst, sondern auch seine Ehefrau zu töten.

Nach der Bluttat – die Frau erlitt ein offenes Schädel-HirnTrauma und starb an einem zentralen Regulation­sversagen – stieg der Angeklagte in seinen Pkw. Marcus Neher: „Er startete das Auto und fuhr dann in Suizidabsi­cht gegen das Portal eines Tunnels in Kaprun.“Der Angeklagte wurde bei dem Selbstmord­versuch schwer verletzt. Ihm musste ein Großteil des rechten Beines amputiert werden.

Der Schöffenpr­ozess, der am Dienstag bis zum Abend anberaumt ist, wird von Richter Günther Nocker geleitet.

„Es war eine Verzweiflu­ngstat, die der Mann begangen hat.“

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Georg Schmeissne­r, Verteidige­r

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