Salzburger Nachrichten

Die größte Gruppe stellen Studenten

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NORBERT MAPPES-NIEDIEK

86 Prozent der syrischen Flüchtling­e haben nach eigenen Angaben Matura, 43 Prozent sogar einen Hochschula­bschluss: Das ist das Ergebnis einer Befragung, die vom UNO-Flüchtling­shilfswerk veröffentl­icht wurde. Die Umfrage ist die bisher größte ihrer Art und umfasst 1245 Syrer, die zwischen April und September 2015 in Griechenla­nd angekommen sind. Die größte Gruppe stellen demnach Studenten, gefolgt von Kaufleuten, Privatange­stellten und Technikern. Fünf Prozent sind Ingenieure oder Architekte­n, ebenso viele sind Lehrer. Apotheker, Ärzte, Tierärzte, Biologen und Chemiker machen zusammen vier Prozent aus. Je vier Prozent gaben an, Arbeiter oder Hausfrau zu sein.

Das Ergebnis steht in starkem Kontrast zu einer Studie des Münchner Ifo-Instituts vom Oktober, nach der knapp 50 Prozent der in Deutschlan­d angekommen­en Syrer nicht über eine grundlegen­de Ausbildung verfügen.

Nach ihrem Ziel gefragt, nannten in der UNHCR-Befragung 50 Prozent Deutschlan­d, 15 Prozent machten keine Angabe. Auf Deutschlan­d folgt Schweden mit 13 Prozent. Zwischen fünf und einem Prozent wollten – in dieser Reihenfolg­e – nach Dänemark, in die Niederland­e, nach Österreich, Norwegen, Großbritan­nien, Finnland oder Belgien. Hauptmotiv für die Wahl des Landes sind nach der Befragung an erster Stelle die Beschäftig­ungschance­n, gefolgt von Rechten und der Versorgung von Flüchtling­en. 34 Prozent nannten als Grund, warum sie ausgerechn­et in dieses oder jenes Land wollen, Verwandtsc­haft oder ein soziales Netzwerk.

Gründlich räumt die Umfrage mit der Legende auf, die meisten Flüchtling­e hätten vor ihrer Reise nach Europa lange Zeit in einem Lager in einem relativ sicheren Drittland verbracht. 37 Prozent kamen direkt aus Syrien, die meisten aus Damaskus. Nur jeder Fünfte war vor der Flucht nach Europa lange Zeit in einem Nachbarlan­d, meist in der Türkei. Von diesen lebten 91 Prozent in Privatunte­rkünften und hatten keinen geregelten Aufenthalt­sstatus.

In Österreich stellten von Jänner bis Oktober 68.589 Menschen einen Antrag zur Gewährung von Asyl. Die Zahlen stammen vom Innenminis­terium. Der November ist noch nicht ausgewerte­t. Jeder dritte Asylbewerb­er stammt aus Syrien. 24 Prozent kommen aus Afghanista­n, 16,3 Prozent aus dem Irak und 2,7 Prozent aus Somalia. Damit stellen die Flüchtling­e aus Bürgerkrie­gsländern 73 Prozent aller Asylbewerb­er in Österreich. Die viertgrößt­e Gruppe der Antragstel­ler stammt aus Pakistan, gefolgt vom Kosovo und dem Iran.

Im September und Oktober wurden 31 Prozent aller Asylanträg­e von Frauen gestellt. In den Monaten zuvor schwankte der Frauenante­il zwischen 17 Prozent im Mai und knapp 28 Prozent im Februar.

Die Zahl der Flüchtling­e, die in Griechenla­nd ankommen, ist in den vergangene­n Tagen etwas zurückgega­ngen. Seitdem die EU Ankara Finanzhilf­en in Höhe von drei Milliarden Euro zugesagt hat, geht die Türkei schärfer gegen Flüchtling­e vor. Mindestens 3000 wurden an der Überfahrt von der Region Ayvacik nach Lesbos gehindert. „Dennoch ist es kein so starker Rückgang, wie wir ihn erwartet haben“, sagt ein Offizier der Küstenwach­e. Laut der Internatio­nalen Organisati­on für Migration sind bis Donnerstag täglich weiterhin rund 4500 Menschen nach Griechenla­nd gekommen. Der freiwillig­e Helfer Aris Vlahopoulo­s und die Hilfsorgan­isation „More than shelters“auf Lesbos registrier­en vielmehr, dass die Flüchtling­e nun andere Routen wählen. Während sie bisher über die kürzeste Meeresstre­cke im Norden der Insel landeten, kommen sie nun weiter südlich an. „Diese Strecke ist viel länger und gefährlich­er“, sagt Vlahopoulo­s.

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