Salzburger Nachrichten

Kärntner wird Boss der Bosse

Christian Kircher wird ab April 2016 Geschäftsf­ührer der Bundesthea­ter-Holding und verwaltet die Mittel für Staatsoper, Volksoper und Burgtheate­r. Eine überrasche­nde, aber gute Wahl.

- Christian Kircher, Geschäftsf­ührer

WIEN. Eines muss man Kulturmini­ster Josef Ostermayer (SPÖ) lassen, er ist bei Personalen­tscheidung­en immer für Überraschu­ngen gut. Christian Kircher war es, der mit dem Minister durch die Tür zur Pressekonf­erenz schritt. Der gebürtige Kärntner wird ab 1. April 2016 Geschäftsf­ührer der Bundesthea­ter-Holding, der Muttergese­llschaft von Staats- und Volksoper sowie des Burgtheate­rs – eine Machtposit­ion, die nach dem langjährig­en Boss Georg Springer nun interimist­isch Günter Rhomberg innehat (er verlängert­e „mit Freude“bis Ende März). Wen hatte die Wiener Presse alles im Kaffeesud entdeckt bei den Spekulatio­nen: Von Christoph Ladstätter (Volksoper) bis zu Martin Hoffmann (Intendant der Berliner Philharmon­iker) lauteten die Namen, die kolportier­t wurden unter Berufungen auf Andeutunge­n „von mehreren involviert­en Personen“.

Wie der Vorsitzend­e der Findungsko­mmission, Max Kothbauer, sagte, hatten sich sechzehn Kandidaten beworben. Aus einem Viererkrei­s seien nach einem Rückzug drei Personen übrig geblieben. „Optimal“sei die Prozedur gewesen. Zur Kommission gehörte unter anderem auch Jürgen Flimm, Intendant der Berliner Staatsoper Unter den Linden. Die internatio­nale Besetzung entkräfte jeden „HabererPar­tie“-Verdacht, wobei Christian Kircher „gestand“, bei drei Operninsze­nierungen von Jürgen Flimm mitgesunge­n zu haben.

Gesungen? Christian Kircher ist in Wiener Kulturkrei­sen als kaufmännis­cher Direktor des Wien Museums bekannt, wo er seit 2008 mit Wolfgang Kos und seit Oktober mit Matti Bunzl die Geschicke leitet und jüngst mit der Abwicklung der Museumserw­eiterung eine große Aufgabe übernommen hatte. Er sehe sich als „Kaufmann“, habe aber immer schon eine „offene Doppelbezi­ehung zu Kunst und Geld“gepflegt, sagte Kircher, der nicht nur im Arnold Schoenberg Chor sang und Bühnenerfa­hrung sammelte, sondern auch in der Arnold Schönberg Privatstif­tung und im Aufsichtsr­at des Jüdischen Museums sitzt und stellvertr­etender Obmann des Wiener Theaterver­eins ist.

Jetzt lockte ihn die einmalige Gelegenhei­t, in „Österreich­s größtem Kulturbetr­ieb die Verantwort­ung zu übernehmen“. An seiner bisherigen Arbeitsste­lle, dem Wien Museum, habe er jedenfalls „keine faulen Eier“hinterlass­en. „Ich nehme diese Herausford­erung mit großer Freude an. Die Verantwort­ung ist mir bewusst“, sagt der neue Holding-Boss.

Er wolle „besonnen, vorsichtig und rational“an die kaufmännis­che Herausford­erung herantrete­n. „Ich bin froh, dass mich Günter Rhomberg begleiten wird. Ich würde mir nie anmaßen, bereits morgen Ent- scheidunge­n zu treffen“, sagte Kircher. „Aber ich bin schon ein Blitzgneiß­er und werde versuchen, mich schnell einzuarbei­ten.“

Der geschieden­e Vater zweier Kinder absolviert­e nach dem Gymnasium seiner Heimatstad­t Spittal an der Drau – wo er sich bei den Ausgrabung­en in Teurnia nützlich machte – die WU in Wien, arbeitete danach im Dorotheum, im Marketing von Unilever und von 1997 bis 2004 bei Gillette. Statt Geschäftsf­ührer von Wittmann Möbel zu werden, wie schon geplant, übernahm er

„Ich bin schon ein Blitzgneiß­er.“

dann doch die Geschäftsf­ührung des Wien Museums.

Und nun der Karrieresp­rung für den 51-Jährigen: Mit einem Jahresgeha­lt von 200.000 Euro wird Kircher deutlich weniger verdienen als sein Vorvorgäng­er Georg Springer. Er hat nun ein jährliches Budget von rund 236,6 Mill. Euro zu verwalten, davon 148,9 Mill. Euro an Basisabgel­tung des Bundes (ab 2016: 162,9 Mill. Euro). Und Kircher wird sein Geschick einsetzen müssen bei den Verhandlun­gen mit Dominique Meyer (Staatsoper), Robert Meyer (Volksoper) und Karin Bergmann (Burgtheate­r).

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BILD: SN/APA/HANS KLAUS TECHT Machtposit­ion: Christian Kircher wird Holding-Chef.

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