Die Virgilkapelle ist wieder eröffnet
WIEN. Wer das schnellste Wiener Verkehrsmittel benutzt, bekommt nun an einem neuralgisch hektischen Kreuzungspunkt die Gelegenheit zum Innehalten. Bei der UBahn-Station Stephansplatz ist ein bisher rätselhaftes Gemäuer neu erforscht worden: die Virgilkapelle. Am Donnerstagabend wurde sie mit der Uraufführung eines vierminütigen Gesangsstücks – eine Auftragskomposition von Arvo Pärt – als Dependance des Wien Museums eröffnet. Ab sofort ist sie täglich außer montags um fünf Euro Eintritt zugänglich. Sie steht auch für Gottesdienste zur Verfügung, ebenso für Lesungen oder Konzerte.
Die Kapelle mit roten Radkreuzen in den Nischen und Resten von Fresken an den Wänden wurde 1973 beim U-Bahn-Bau entdeckt, war aber aus konservatorischen Gründen geschlossen. Der Name hat nichts mit einer Salzburger Missionierung zu tun, sondern hängt mit dem im 14. Jahrhundert von einer Wiener Familie gestifteten VirgilAltar zusammen.
Dieser unterirdische Bau sei einer der besterhaltenen gotischen Innenräume Wiens, heißt es in der Mitteilung des Wien Museums. Er dürfte aus 1220 oder 1230 stammen, ist also Zeuge des Aufschwungs unter der Herrschaft der Babenberger, nachdem mit dem Lösegeld aus der Gefangennahme von Richard Löwenherz eine Befestigungsmauer – ungefähr im Verlauf der heutigen Ringstraße – errichtet worden war. Die Virgilkapelle war Unterbau für die später errichtete Maria-Magdalenen-Kapelle. Diese wurde von der „Schreiberzeche“, der Bruderschaft aller Schreiber und Notare, genutzt, während die Virgilkapelle einer Wiener Kaufmannsfamilie als Andachtsraum diente. Ein über das Einziehen einer Decke gewonnenes Zwischengeschoß wurde als Beinhaus verwendet.
Virgilkapelle: