Salzburger Nachrichten

Schläft Gott im Kirchensch­iff ?

Eine Klanginsta­llation in der Grazer St.-Andrä-Kirche wirkt beruhigend.

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GRAZ. Wer in diesen Tagen die Grazer St.-Andrä-Kirche besucht, wird mit einer ungewöhnli­chen Klanginsta­llation konfrontie­rt: Im Sakralraum ist ein lautstark schnarchen­der Mann zu hören. Die Installati­on „zZZ“des österreich­ischen Autors Christian F. Schiller ist als „augenzwink­ernder wie ernst gemeinter Appell für Alternativ­en zur getriebene­n Zeit im Jahr“zu verstehen.

Die bis zum 24. Dezember zu erlebende Installati­on basiert auf einem von der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) auf Wikipedia veröffentl­ichten Klangdokum­ent eines „Norm-Schnarchen­s“. Das Geräusch des friedlich schlafende­n Mannes wirkt beruhigend, lullt mit der Zeit ein. Im Kirchenrau­m löst dies Assoziatio­nen aus. „Schläft Gott?“, könnte man fragen. Auch kann die Klanginsta­llation als Appell zu einem notwendige­n Aufwachen interpreti­ert werden.

Die Kirche wird durch den ironischen Eingriff zu einem stimmungsv­ollen Rückzugsra­um in der Adventzeit. „Die Schnarch-Installati­on ist eine Animation zum Ruhigwerde­n, ein bewusster Gegenpol zur Unterhaltu­ngsflut und Veranstalt­ungsmanie in der vorweihnac­htlichen Zeit“, sagt Hermann Glettler, der Pfarrer von St. Andrä. „Künstlerpf­arrer“Glettler spricht von einer „akustische­n Nachdenkhi­lfe“: Der Advent habe ein großes Potenzial zur seelischen Entschlack­ung, wenn er nicht mit allzu viel Gefühlskit­sch verklebt werde. Kargheit, Einfachhei­t, Verzicht und Gottsuche seien, so der Pfarrer, Leitmotive zur Orientieru­ng in der Vorweihnac­htszeit.

„zZZ“will „Besinnung auf Wesentlich­eres“erreichen, erzielt mit einem minimalen Eingriff eine große Wirkung. Das Schnarchen ist ein Kontrapunk­t zur Nervosität in einem von Flüchtling­skrise und Konsum geprägten Alltag.

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