Salzburger Nachrichten

Besuch im neuen Dorf der Flüchtling­e

400 Asylbewerb­er freuen sich auf ein neues Heim. Doch es liegen auch Probleme in der Luft.

-

WIEN. Hamid A. blickt stolz auf sein neues Heim, einen Container hinter einem Bauzaun. Davor sitzen drei junge Männer, arabische Musik schrillt aus einem Handy und vermischt sich mit dem Brummen eines aufsteigen­des Flugzeugs. Hamids Zuhause ist das neue Containerd­orf für Asylbewerb­er beim Flughafen Wien-Schwechat.

400 Asylbewerb­er sollen hier untergebra­cht werden. Initiiert wurde das Projekt vom Land Niederöste­rreich und der Flughafen Wien AG. Die Betreuung der Bewohner übernimmt das Rote Kreuz. Seit Mittwoch ziehen Asylbewerb­er hier ein. Sie kommen aus überfüllte­n Quartieren aus ganz Österreich. 85 wohnen bereits im Containerd­orf.

Drei Stockbette­n stehen in jedem Zimmer, dazwischen schmale Kästen, ein kleiner Tisch mit Sesseln. Auf jedem Bett liegt ein Willkommen­spaket: Zahnbürste, Bettwäsche, Besteck.

„Ich bin froh, dass ich jetzt hier bin“, sagt Hamid A. Der 33-Jährige kommt aus Afghanista­n, er war dort Schneider. Seine größte Angst ist, dass er in Österreich nichts tun darf, solange er auf einen Asylbesche­id wartet. „Nur essen und schlafen? Das ist doch kein Leben“, sagt er. Er hofft, dass es keine Probleme zwischen Afghanen und Syrern geben wird. „Wenn so viele Menschen den ganze Tag nichts tun können, kann es schon zu Spannungen kommen.“

Das wissen auch die Unterstütz­er des Projekts. „Viele der Bewohner werden bis zu einem Jahr hier bleiben“, sagt die Bürgermeis­terin von Schwechat, Karin Baier. Deshalb wolle man auch für ein Freizeitpr­ogramm sorgen. „Der Fußballver­ein, das Hallenbad und eine Lehrwerkst­ätte haben sich bereits gemeldet.“Sinnvoll seien jedoch nur Aktivitäte­n, die es über lange Zeit geben werde. „Am Anfang ist die Hilfsberei­tschaft groß. Wir brauchen aber einen langen Atem.“

Auch wenn das Containerd­orf vom Roten Kreuz betreut wird, will man den Asylbewerb­ern ihre Selbststän­digkeit lassen. „Die Asylbewerb­er sind hier weder eingesperr­t noch werden sie überbetreu­t“, erklärt Peter Kaiser, Landesgesc­häftsführe­r des Rotes Kreuzes. „Sie verpflegen sich selbst und halten auch die Unterkunft eigenständ­ig in Ordnung.“Zur Verfügung gestellt werden Deutschkur­se, eine Rechtsbera­tung und medizinisc­he Betreuung.

Die Plätze in dem Containerd­orf werden dringend gebraucht. Am Donnerstag übertraten rund 3600 Flüchtling­e in der Steiermark und in Kärnten die Grenze. Sie wurden weiter nach Deutschlan­d gebracht. Doch die Transitflü­chtlinge besetzen Plätze, die für Asylbewerb­er in Österreich gebraucht werden. Bund und Länder sind deshalb auf Quartiersu­che. Hamid A. hat gehört, dass die Menschen in Österreich freundlich sind. Deshalb ist er hier geblieben.

 ?? BILD: SN/MARS ?? Hamid A. aus Afghanista­n vor seinem Wohncontai­ner.
BILD: SN/MARS Hamid A. aus Afghanista­n vor seinem Wohncontai­ner.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria