Salzburger Nachrichten

Ein erster Schritt ist getan

Der UNO-Gipfel hat ein Alarmsigna­l an die Märkte geschickt. Investment­s in fossile Energien sind riskanter denn je.

- MARTIN.STRICKER@SALZBURG.COM Martin Stricker

Bis zuletzt war nicht sicher, ob es diesmal gelingen würde. Der viel gelobte Verhandlun­gsleiter und französisc­he Außenminis­ter Laurent Fabius hatte noch an die Klimapolit­iker und Delegierte­n von fast 200 Staaten appelliert: „Unsere Kinder würden uns nicht verstehen. Und sie würden uns nicht vergeben.“Das war ein Moment der Wahrheit. Schon möglich, dass er mitgeholfe­n hat, das Pariser Abkommen auf den Weg zu schicken. Zumindest ist es eine schöne Vorstellun­g. Wohl noch nie ist so lang und so hart an einer internatio­nalen Einigung gearbeitet worden. Wohl noch nie auch war eine Einigung so wichtig.

Natürlich hätte mehr geschehen können. Natürlich wurde es ein Kompromiss. Das liegt nicht in der Natur der Sache, aber in der Natur der Regierende­n. Zu groß waren die Egoismen, zu wichtig das Ringen um (Welt-)Macht. Doch der Kompromiss ist gut. Er gilt zu Recht als historisch. Die Gefahren, die der Treibhause­ffekt mit sich bringt, werden nicht mehr beiseitege­schoben. Die wissenscha­ftlichen Grundlagen werden nicht mehr angezweife­lt. Besiegelt wurde, dass die Erderwärmu­ng deutlich unter zwei Grad gegenüber der vorindustr­iellen Zeit bleiben muss.

Genau hier wirkt der Hebel. Um dieses Ziel zu erreichen und die Erde den Kindern einigermaß­en so zu überlassen, wie wir sie kennen, müssen zwei Drittel aller Reserven an Kohle, Öl und Gas im Boden bleiben. Bis spätestens 2050 muss die Wende sehr, sehr deutlich in Gang geraten sein. Doch die Regierunge­n wagen noch nicht, sie allein in Angriff zu nehmen. Ihre Verspreche­n, Emissionen zu senken, reichen nicht aus. Aber, und das war in vielen Reden in Paris zu hören, sie setzen auf die Kraft des Geldes und die Verstärkun­g eines Trends:

Einst todsichere Anlagen in Kohle, Öl und Gas werden sich langfristi­g nicht mehr rechnen. Fossile Energien haben keine Aussichten. Investoren und Märkte müssen reagieren und ihre Mittel umschichte­n. Kohle, Öl und Gas werden zum finanziell­en Risiko. Wer soll über Jahre hinweg Milliarden Euro in eine Branche stecken, die nur noch einen kleinen Teil ihrer Rohstoffe nutzen kann, wenn sie ihre Verantwort­ung wahrnimmt? Das gilt auch für andere Sektoren der fossilen Ära, etwa für die Autoindust­rie. Auch sie kann nicht mehr tun, als wäre nichts geschehen. In nur 35 Jahren muss Mobilität anders aussehen als jetzt. Wer heute 20 Jahre alt ist, wird in seiner Pension keinen Sprit mehr tanken. Die Technologi­en sind bereit. Ausreden kann es nicht mehr geben. Und Jammern gefährdet die Zukunft.

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