Elektroaltgeräte sind wertvoller Schrott
Österreich ist bisher ein Musterschüler beim Sammeln von Elektroschrott. Aber ab 2019 reicht die aktuelle Quote nicht mehr aus. Was tun?
Beim Sammeln von Elektromüll ist Österreich gut unterwegs. Ab 2019 fordert die EU noch höhere Sammelquoten. Damit rücken illegale Exporte von Altgeräten stärker ins Visier.
WIEN. An sich sind die Österreicher brave Müllsammler. Das gilt besonders auch für alte Elektrogeräte wie ausrangierte Herde, Kühlschränke, Bügeleisen oder Mobiltelefone. 2014 wurden insgesamt 76.736 Tonnen Haushaltselektro- und Elektronikaltgeräte gesammelt, um 6,1 Prozent mehr als im Jahr davor. Das entspricht 9,1 Kilogramm pro Kopf. Österreich liegt damit europaweit auf einem Spitzenplatz, mehr wird nur in skandinavischen Ländern, Belgien und Luxemburg gesammelt.
Mit einer Sammelquote von 49 Prozent erreichte Österreich bereits 2014 die ab 2016 vorgeschriebene Mindestquote bei Elektroaltgeräten von 45 Prozent (der in den vergangenen drei Jahren in Verkehr gesetzten Mengen). Besonders hoch ist übrigens die Sammelquote bei Elektrokleingeräten, die auf gut 69 Prozent gestiegen ist. Hier fällt auch der Löwenanteil der gesammelten Geräte an, rund 40 Prozent.
Dennoch sieht Elisabeth Giehser, Geschäftsführerin der Elektroaltgeräte Koordinierungsstelle Austria (EAK), noch Handlungsbedarf für die nächsten Jahre. Gilt es doch ab dem Jahr 2019 auf eine Sammelquote von mindestens 65 Prozent zu kommen. So will es die EU-Richtlinie über Elektro- und Elektronikgeräteabfall (Waste of Electrical and Electronic Equipment, WEEE), die mit der Novelle 2012 die Sammelquote deutlich anhebt.
Wo aber kann man ansetzen, um die Sammelquote zu erhöhen? Naheliegend ist ein schärferes Vorgehen gegen illegale Exporte von Elektroaltgeräten. Rund 15.000 Tonnen Altgeräte verschwinden laut EAK-Schätzung jährlich ins Ausland, der Verband österreichischer Entsorgungsbetriebe geht sogar von 25.000 Tonnen aus. Im ländlichen Raum treten regelmäßig sogenannte Kleinmaschinenbrigaden in Erscheinung. Es gibt auch Fälle, wo die typischerweise weißen Klein-Lkws bereits an den Zufahrtstraßen zu kommunalen Sammelstellen Altgeräteanlieferungen von Bürgern übernehmen. Damit scheinen diese Altgeräte gar nicht in der eingemeldeten „Sammelmasse“des Umweltbundesamts auf.
Das ist aber illegal, denn kaum eine der meist aus Ost- oder Südosteuropa stammenden Personen verfügt über die erforderliche Sammelberechtigung für gefährliche Stoffe. Sie sind ganzjährig unterwegs. Aber gerade vor Weihnachten und im Frühling sind sie in vielen Haushalten willkommen, wenn sie anbieten, kostenlos Geräte aus dem Keller oder Dachboden abzutransportieren. Gerade ältere Menschen ohne eigenes Fahrzeug sind ihnen dafür oft dankbar.
In Wahrheit aber bedeute das „einen relevanten volkswirtschaftlichen Schaden für Österreich“und eine Wettbewerbsverzerrung für die hier genehmigten Sammelunternehmen, sagt Giehser. Der heimischen Recyclingwirtschaft würden damit wertvolle Rohstoffe – wie Gold, Kupfer, Iridium, Lithium oder Tantal – entzogen. Der Verlust bewege sich in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags, schätzt die Plattform gegen illegalen Export. Zudem könne nicht sachgerecht entsorgter Elektromüll massive Schäden an Mensch und Umwelt verursachen – man denke an wilde Schrottdeponien in Afrika, wo immer wieder Menschen durch unsachgemäße Handhabung giftiger Substanzen erkranken.
Eine Vielzahl von Beamten bekämpft solche illegale Ausfuhren, international koordiniert von Europol. Auch eigens zu umweltrelevanten Delikten geschulte Polizisten kommen zum Einsatz. Es brauche aber noch mehr Aufklärungsarbeit, sagt Giehser. „Wir müssen den Bürgern klarmachen, dass es nicht gut ist, wenn sie ihre Altgeräte illegalen Sammlern geben und was das für Folgen hat.“Informationskampagnen sollen eine Trendwende bewirken. Vereinzelt bieten Gemeinden auch selbst Hausabholungen an, die aber relativ kostspielig sind. Zudem sei das Netz mit gut 2100 kommunalen Sammelstellen österreichweit ohnehin schon dichter als in anderen Ländern.
Eine weitere Stoßrichtung, um die gemeldeten Sammelmengen bis 2019 zu erhöhen, sind die von den Gemeinden selbst verwerteten Altgeräte. Die Verordnung gibt ihnen das Recht, ungefährliche Großgeräte wie Herde und Waschmaschinen selbst zu verwerten. Teilweise hapert es aber noch bei der Disziplin, denn nicht jedes gesammelte Altgerät wird gemeldet und scheint damit auch nicht im Register auf. Vier
„Müll abholen kann auch illegal sein.“
Bundesländer – Wien, Niederösterreich, das Burgenland und Tirol – liegen bei gesammelten Großgeräten unter dem Österreich-Durchschnitt von 2,2 Kilogramm pro Kopf. Experten halten aber eine Sammelmenge von 3,5 bis 4 Kilogramm pro Kopf für durchaus realistisch.
Auch im Handel dürfte es noch Raum für Verbesserungen geben. Händler ab einer gewissen Verkaufsfläche sind verpflichtet, beim Kauf eines gleichwertigen Neugeräts auf Wunsch des Kunden ein Altgerät zurückzunehmen. Der Handel fordert diese Verpflichtung auch vom Onlineversandhandel ein, der einen immer größeren Anteil am Geräteaufkommen hat.
Akut wird das Thema alle Jahre wieder zu Weihnachten. Heuer dürften wie 2013 in Österreich wieder rund 7300 Tonnen Elektrogeräte unter den Christbäumen liegen.