Wirtschaft warnt vor zu viel Ehrgeiz
Der EU-Klimaschutz könnte zur Abwanderung von Industrien führen. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner kündigt eine österreichische Energie- und Klimastrategie an.
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) zeigte sich am Sonntag „erfreut“über die Einigung in Paris. Das Ziel, aus der fossilen Energie auszusteigen, sei nun unumstritten. „Österreich hält weiterhin an dem ehrgeizigen Ziel fest, den Anteil der erneuerbaren Energie bei der Stromproduktion bis zum Jahr 2030 auf 100 Prozent zu steigern“, betonte Faymann. Wie das geschehen soll, ließ der Kanzler aber offen.
Wirtschaftsminister und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner bezeichnete die Einigung in Paris als „starkes Signal“. Der Klimaschutz habe jetzt eine breite Beteiligung, „die aber erst noch mit Leben erfüllt werden muss“. Alle Länder seien gefordert, konkrete Klimaschutz- maßnahmen im Sinne des Abkommens zu setzen, „damit eine positive Dynamik entsteht“. Nur dann werde der Einstieg in eine nachhaltige Energiezukunft langfristig erfolgreich sein. „Österreich hat im internationalen Vergleich ein besonders nachhaltig ausgerichtetes Energiesystem und ist daher für die künftigen Herausforderungen gut aufgestellt“, meinte Mitterlehner. Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) sprach in Paris von einem historischen Abkommen an einem historischen Tag. „Das Ende des fossilen Zeitalters ist eingeläutet und die Dekarbonisierung unserer Gesellschaft somit gestartet“, betonte er. Derzeit ist Österreich im Rahmen der geltenden EU-Ziele ver- pflichtet, seine Emissionen bis 2020 um 20 Prozent im Vergleich zu 2005 zu senken. Erreichbar ist das allerdings mit dem derzeit eingeschlagenen Kurs nicht. Von 2020 bis 2030 sollen die Emissionen noch einmal um 20 Prozent sinken. Wie das funktionieren soll, ist ebenfalls völlig unklar. „Wir werden 2016 eine neue Energie- und Klimastrategie erarbeiten, die den Weg zur Erfüllung der EU-Ziele darstellt und auch längerfristige Perspektiven aufzeigen wird“, kündigte Mitterlehner am Sonntag an.
Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) hat das Pariser Abkommen für globalen Klimaschutz begrüßt. Sie warnt aber auch vor einer Abwanderung der energieintensi- ven Industrie aus Europa in andere Wirtschaftsräume. Chancen biete das Abkommen für Green Jobs in der Energietechnikbranche. Europa bleibe mit seinem strikten, verbindlichen und mit Strafzahlungen sanktionierbaren Reduktionspfad „minus 40 Prozent bis 2030“weltweit als Wirtschaftsraum einsamer Vorreiter, sagte Stephan Schwarzer, Leiter der WKÖ-Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik, am Sonntag. Hauptbetroffener bei der EUinternen Lastenaufteilung sei die Industrie, auf die hohe Kosten zukämen. Andererseits sieht die Wirtschaftsvertretung auch Chancen. Die beschlossene Finanzierung des Wandels des globalen Energiesystems in den ärmeren Ländern biete Chancen für die österreichische Wirtschaft: „Nun liegt es an der österreichischen Regierung, einen Masterplan für Green Jobs in der Energietechnikbranche zu erstellen“, hieß es.
Auch Oesterreichs Energie, die Interessenvertretung der E-Wirtschaft, begrüßt die Beschlüsse als Signal, das den Einstieg in eine nachhaltige Energiezukunft markiert. Gefordert wurden langfristige Sicherheit für Bevölkerung, Wirtschaft und Investoren.