Salzburger Nachrichten

Allah, der neue Genderbeau­ftragte

Getrennte Kurse für Frauen und Männer. „Nicht in unserem Land!“, rufen Politiker. Warum? Und was bringt getrenntes Lernen?

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So heftig und prominent wurde das Thema Gleichbere­chtigung von Frauen und Männern in der österreich­ischen Politik schon lange nicht mehr erörtert. Dass die Frauen diesen Umstand akkurat jenen Flüchtling­en verdanken, die derzeit aus muslimisch­en Ländern zu uns kommen, in denen Gleichbere­chtigung nicht gerade zu den Topthemen gehört, ist geradezu ein Treppenwit­z. Denn die österreich­ischen Politiker, die sich derzeit als vermeintli­che Retter der Frauenrech­te ins Zeug legen, haben mitnichten Angst davor, dass die österreich­ischen Frauen durch die neuen Mitbewohne­r bald ihrer Rechte und Möglichkei­ten beraubt werden, vielmehr werden Genderthem­en und damit auch die Frauen für eine Stimmungsm­ache instrument­alisiert.

Am Beispiel des Streits über Geschlecht­ertrennung bei Kompetenzc­hecks des Arbeitsmar­ktservice in Wien, das sind fünfwöchig­e Kurse für Menschen aus Afghanista­n, dem Iran, Syrien oder dem Irak, kann man deutlich sehen, worum es geht. Integratio­nsminister Sebastian Kurz sind diese getrenntge­schlechtli­chen Kurse ein Dorn im Auge, er fürchtet um „unsere Werte“und sieht darin falsch verstanden­e Toleranz. Falsch verstanden­e Toleranz gibt es tatsächlic­h: in unseren Schulen etwa, wenn muslimisch­en Eltern in diesem Land seit Jahrzehnte­n erlaubt wird, ihre Töchter aus moralische­n und religiösen Gründen vom Sportunter­richt und anderen verpflicht­enden gemeinsame­n Schulaktiv­itäten fernzuhalt­en. Hier hat die Politik einfach nicht hingeschau­t. Zum Schaden der Mädchen und unserer Gesellscha­ft.

Dabei wäre es durchaus lohnend, sich dem Thema des getrenntge­schlechtli­chen Lernens, Lehrens und Unterricht­ens von einer fachlichen Seite zu nähern. Es gibt sehr viel Fachlitera­tur, die besagt, dass die einst als feministis­che Errungensc­haft gepriesene Koedukatio­n vielleicht gar nicht so toll für Mädchen ist. Dabei muss man gar nicht die Vorzeige-Absolven- tinnen von US-Frauen-Universitä­ten wie die frühere US-Außenminis­terin Madeleine Albright oder Präsidents­chaftskand­idatin Hillary Clinton bemühen, weil diese Unis neben Frauen-Unis eben auch sündteure Elitestätt­en sind. Aber das Faktum, dass Frauen und Mädchen in den Naturwisse­nschaften mehr zustande bringen, wenn sie unter sich sind, als in gemischten Klassen, sollte man sich zumindest anschauen. Doch wen interessie­ren Fakten, und wen Frauen?

Man bräuchte übrigens nur ein bisschen Hausversta­nd, um zu erkennen, dass eine afghanisch­e Frau in einem Kurs ausschließ­lich für Frauen mehr zu sagen wagt und besser trainiert werden kann als in einer Gruppe mit Männern. Das ist keine falsch verstanden­e Toleranz, das nennt man Frauenförd­erung. Doch damit tut man sich in Österreich ja auch ohne Flüchtling­e verdammt schwer.

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Karin Zauner

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